Vorwürfe um Manipulation und Verleumdung GWG und Mieterbund: Die Fronten verhärten sich

BONN · Luftlinie waren sie einige Hundert Meter voneinander entfernt. Der Tenor in den beiden Sälen hätte jedoch nicht unterschiedlicher sein können. Während Mirco Theiner, Geschäftsführer des Mieterbunds, im Haus der Evangelischen Kirche von "Manipulation" und "Skandal" sprach, bewertete Sigurd Trommer, Vorsitzender der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Bonn (GWG), die Aktion im Uniclub als "Versuch, die verantwortliche Leitung der Genossenschaft zu diskreditieren".

 GWG-Vorsitzender Sigurd Trommer will sich nicht vom Mieterbund diskreditieren lassen.

GWG-Vorsitzender Sigurd Trommer will sich nicht vom Mieterbund diskreditieren lassen.

Foto: Horst Müller

Zeitgleich hatten GWG und Mieterbund am Dienstagabend zu Informationsveranstaltungen anlässlich der Kritik über das Abstimmungsverfahren einer früheren Versammlung eingeladen. Dabei wünscht sich Rolf Ackermann, der über viele Jahre die Geschicke der Gesellschaft geleitet hat, nur eines: "Ich will, dass endlich wieder Ruhe in die Genossenschaft kommt." Seit einiger Zeit gibt es Verunsicherung bei den Mitgliedern, die durch anonyme Rundschreiben oder geplante Informationstreffen ohne Vorstand und Aufsichtsrat geschürt wurden (der GA berichtete).

Hintergrund ist eine Regelung, wonach jedes Genossenschaftsmitglied, also jeder Nutzer, andere per Vollmacht beauftragen kann, für ihn bei einer Mitgliederversammlung abzustimmen. Dort werden jedes Jahr drei der neun Aufsichtsratsmitglieder gewählt. Bei einer außerordentlichen Versammlung im Juni 2013 seien jedoch mehr Mitglieder als üblich dabei gewesen. "Anonym" sei der Mieterbund darüber informiert worden, dass "Mitarbeiter der GWG-Geschäftsstelle in großem Stil Vollmachten bei Mietern eingesammelt haben.

Selbst Arbeiter von GWG-Baustellen und Handwerker haben mit abgestimmt", lautet der Vorwurf des Mieterbundes. Zwar ist es durchaus legal, andere per Vollmacht mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu beauftragen, diese dürfen laut Satzung jedoch keine Personen sein, die wirtschaftlich von der Genossenschaft abhängig sind - so wie die angeblich benannten Handwerker. Die Retourkutsche kam sofort. "Ich weiß, dass sich der Vertreter des Mieterbundes eine Vollmacht bei einer an Demenz erkrankten Seniorin eingeholt hat", sagte eine Mieterin. Die GWG beklagt zudem, dass der Mieterbund mit Unterstützung der Rheinbacher Kommunalpolitik damals Einfluss auf die Aufsichtsratswahlen habe nehmen wollte.

Womöglich ist 2013 nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Offenbar gibt es Unterlagen, in denen Bevollmächtigte aufgeführt und eingetragen sind, obwohl das Genossenschaftsmitglied persönlich bei der Versammlung war. "Wer ist dafür verantwortlich, wer hat die Vollmachten erteilt, wer hat die Unterlagen überprüft und die Listen geführt?", will Rolf Ackermann wissen, der die entsprechenden Papiere nach eigenen Angaben vergangene Woche erhalten hat - ebenfalls anonym.

Trommer vermutet indes einen ganz anderen Hintergrund. "Der Mieterbund Bonn versucht, in unsere Genossenschafts-Organe hineinzukommen und mit einem hohen Geldbetrag Mitglied zu werden. Das haben Vorstand und Aufsichtsrat abgelehnt, weil einerseits der Aufsichtsrat die Organe der Genossenschaft nicht von Verbandsinteressen instrumentalisieren lassen darf und weil zum anderen es nicht im Interesse der Genossenschaft ist, Verbände mit hohen Dividendenzahlungen zu bedienen."

Dass der Mieterbund sich gerne in die Genossenschaft einkaufen würde, bestätigt Mirco Theiner. "Wir würden gerne einen Teil unserer Rücklagen bei der Genossenschaft anlegen, damit mehr öffentlich geförderter Wohnraum in Bonn geschaffen wird."

Das ist nach Auskunft von Trommer jedoch nicht nötig. "Mit einer Durchschnittsmiete von 5,74 Euro, vielen in den letzten Jahren modernisierten Wohnanlagen, ergänzenden Neubaumaßnahmen und einem intensivierten Informations- und Kommunikationsengagement bieten wir hervorragende Möglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt."

Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Bonn

Die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Bonn wurde am 19. September 1898 gegründet und am 23. April 1900 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist es, den Mitgliedern gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Die Genossenschaft führt ihre Geschäfte nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit. Derzeit sind 1165 Wohnungen sowie 1550 Mitglieder verzeichnet.

Zum Vorstand gehören Sigurd Trommer, Katrin Wilbert sowie Michael Hartmann, im Aufsichtsrat sitzen Stefan Raetz, Theo Coenen, Klaus Besier, Klaus Großjohann, Lutz Mühring, Ansgar Schuldenzucker, Georg Rockenfeld, Uwe Franzen sowie Karl-Heinz Voß.

Die Mitgliederversammlung der GWG mit der Wahl von drei neuen Aufsichtsratsmitgliedern beginnt morgen, Freitag, um 18 Uhr in der Beethovenhalle.

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