Stadtwerke Bonn Linksfraktion kritisiert Beteiligung am Kraftwerk Lünen

BONN · Die Stadtwerke sind mit 2,11 Prozent am defizitären Trianel-Kraftwerk in Lünen beteiligt. In einer großen Anfrage wollte die Fraktion wissen, wie ein Millionen-Tonnen-CO2-Ausstoß zu den hoch gesteckten Klimaschutzzielen der Stadt passt.

Seit Mitte Dezember am Netz: Das Steinkohlekraftwerk in Lünen. Foto: Privat

Seit Mitte Dezember am Netz: Das Steinkohlekraftwerk in Lünen. Foto: Privat

Die Stadtwerke Bonn sind Miteigentümer an einem Steinkohlekraftwerk, das auf absehbare Zeit nur Verluste einfahren wird. Die Ursache reicht einige Jahre zurück: Es ist das Jahr 2006, die Wirtschaft brummt wie lange nicht mehr, und das Land braucht Energie.

Da kaufen sich die Stadtwerke Bonn mit 2,11 Prozent in die Stadtwerkekooperation Trianel ein, die das Steinkohlekraftwerk Lünen bei Dortmund bauen will. Es soll das modernste Steinkohlekraftwerk Europas mit vergleichsweise niedrigen Emissionswerten werden.

Der Bau schreitet voran, die üblichen Auseinandersetzungen mit Umweltschutzverbänden und Gerichtsverfahren ziehen den Gang ans Netz hin - und dann wirft die Atomkatastrophe von Fukushima alles über den Haufen, was deutsche Stromversorger in die Wege geleitet hatten.

Jetzt gilt der Förderung der alternativen Energien Vorrang, die Preise auf dem Strommarkt wirbeln durcheinander, und bei aller Sonnen- und Windkrafteuphorie rückt auch der Umweltschutz wieder in den Fokus. Dreckige Kohle sollte doch ausgedient haben und nur noch als Notnagel für den Übergang zu Sauberstromzeiten fungieren.

Die Linkspartei im Stadtrat wittert jetzt eine Chance, gegen die Beteiligung der Stadtwerke am Kraftwerk Lünen anzugehen. In einer großen Anfrage wollte die Fraktion wissen, wie die Stadt eine Vereinbarkeit von Millionen Tonnen CO2-Ausstoß mit ihren hoch gesteckten Klimaschutzzielen begründen wolle. Und ob bei der zu erwartenden Unrentabilität des Kraftwerks nicht ein Ausstieg aus dem Projekt sinnvoll wäre. Und falls die Stadtwerke aus dem Vertrag aussteigen würden: "Mit welchen Kosten wäre nach aktuellem Stand ein Ausstieg aus dem Steinkohle-Kraftwerksprojekt via Kündigung des Strombelieferungsvertrags verbunden?"

Die Energiesparte der Stadtwerke denkt jedoch gar nicht an einen Ausstieg und will sich an die 20 Jahre geltenden Gesellschafterverträge halten. Selbst Guido Pfeiffer, Vertreter der Grünen im Aufsichtsrat der SWB, sieht keinen Grund zum Umdenken.

"Die Linke hätte den Ausstieg vor fünf Jahren fordern müssen", erklärt er. Aber er meint auch ganz nüchtern: "Im Rahmen der Energiewende brauchen wir solche Kraftwerke." Wie sich die Verluste des im Dezember gestarteten, 1,4 Milliarden Euro teuren Projekts entwickeln, sei noch nicht absehbar.

Weitgehend unbestritten bleibt, dass das Kraftwerk viele Jahre lang Minusgeschäfte machen wird. Zumindest in seiner Startphase werde das Kraftwerk zum Millionengrab, titelte die WAZ im Juli. Mit 100 Millionen Euro Verlust rechnet Trianel-Chef Sven Becker im ersten vollen Betriebsjahr 2014.

Ein Zuschussgeschäft für die Bonner, wie es die Linke vermitteln will, ist Lünen jedoch nicht: Die Stadtwerke haben einen nicht offiziell bestätigten Betrag in das Projekt gepumpt - hinter vorgehaltener Hand nennen Experten eine Summe von drei Millionen Euro.

Dafür beziehen die Stadtwerke den Strom aus dem Steinkohlekraftwerk nun günstiger als anderen Strom. Auch über diese Konditionen gibt die SWB-Pressestelle keine Auskünfte. Doch geht Lünen pleite, was als Option ebenfalls noch im Raum steht, dann wären "nur" die Einlagen verloren - ständig steigende Nachzahlungen seien hingegen vertraglich ausgeschlossen. Die Stadtwerke würden dann einen Kapitalverlust verbuchen.

Das Steinkohlekraftwerk Lünen

750 Megawatt soll das Steinkohlekraftwerk Lünen in besten Zeiten liefern. Damit könnte es - rein rechnerisch - 1,6 Millionen Haushalte versorgen. Zwar heißt es auf der Betreiberseite: "Die zusätzlichen Immissionen durch das Steinkohlekraftwerk ergeben so niedrige Werte, dass diese Zusatzbelastung in Lünen nicht messbar ist." Doch 4,5 Millionen Tonnen CO2 wird der Block pro Jahr ausstoßen.

Man kann diese Menge übrigens auch schönreden, wie es die Stadtverwaltung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken tut: "Mit dem hohen Wirkungsgrad von rund 46 Prozent spart das Kraftwerk im Vergleich zu einem alten Kohlekraftwerk (Wirkungsgrad 36 Prozent) rund eine Million Tonnen CO2 jährlich ein." Wann das 1,4 Milliarden teure Werk in die Gewinnzone fährt, kann heute niemand sagen. Alle Beteiligten verweisen auf die neue Bundesregierung und die Korrekturen an der Energiepolitik.

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