Bonner Nahverkehrsplanung Nicht alle Lead-City-Maßnahmen werden fortgesetzt

Bonn · Die Ratskoalition beschließt Investitionen von acht Millionen Euro in den öffentlichen Nahverkehr. Dass sie dabei hinter den Vorschlägen der Verwaltung zurückbleibt, kritisiert die CDU-Fraktion.

 Der hohe Samstagtakt auf Hauptlinien wie der 66 soll erhalten bleiben, sonntags hingegen setzt die Taktverdichtung mit dem Fahrplanwechsel später ein.

Der hohe Samstagtakt auf Hauptlinien wie der 66 soll erhalten bleiben, sonntags hingegen setzt die Taktverdichtung mit dem Fahrplanwechsel später ein.

Foto: GA/Benjamin Westhoff

Die meisten, aber nicht alle Maßnahmen aus dem Bundesprojekt Lead-City zur Verbesserung des Nahverkehrs in Bonn und dem Umland werden zum Fahrplanwechsel in diesem Jahr fortgesetzt. Der Stadtrat hat am Donnerstagabend einen Änderungsantrag der Koalition von Grünen, SPD, Linken und Volt beschlossen, der sich vom Verwaltungsvorschlag abhob.

Die Verwaltung hatte eine Beschlussvorlage vorbereitet, die darauf abzielte, praktisch sämtliche Taktverbesserungen und Änderungen von Linienwegen weiterzuführen. Eine Gesamtinvestition von gut zehn Millionen Euro. Die Koalition hingegen verabschiedete ein Paket, das eine jährliche Belastung von gut acht Millionen Euro nach sich ziehen wird.

Erhalten bleiben beispielsweise Taktverdichtungen auf den Bahn- und Buslinien 61, 62, 63, 66 und 600 bis 614 an Samstagen zwischen 9.30 und 20.20 Uhr auf einen Zehn- beziehungsweise 20-Minuten-Takt (Kosten: 3,77 Millionen) und die Taktverdichtungen für die ins Umland fahrenden Buslinien SB55, 550, 551, 552 und 540/640 (2,12 Millionen) und die Regionalbuslinien 537, 817,845, 855, 856 und 857 (1,2 Millionen) sowie der Zehn-/20-Minutentakt auf Hauptlinien zur späteren Stunde bis 20.30 Uhr von montags bis freitags (1,53 Millionen).

Taktverdichtung an Sonntagen setzt zwei Stunden später ein

Hingegen wird die Taktverdichtung auf Hauptlinien an Sonntagen nicht mehr wie bisher bereits um 9.30 Uhr einsetzen, sondern erst zwei Stunden später. Damit ist eine Einsparung von 600.000 Euro verbunden. 2,25 Millionen Euro spart die Stadt, weil die Linienfahrten der 63 (Bad Godesberg bis Tannenbusch) immer dann entfallen sollen, wenn die verspätungsanfällige Linie 16 im Zehn-Minuten-Takt fährt. Sie ist auf demselben Streckenabschnitt wie die Linie 63 unterwegs, allerdings fährt die Bahn bis nach Köln-Niehl.

Im Gegenzug für diese Einsparungen hat die Ratskoalition beschlossen, mit dem Fahrplanwechsel auf dem Beueler Ast der Straßenbahnlinie 62 montags bis samstags einen 15-Minuten-Takt in den Abendstunden einzuführen statt einen 30-Minuten-Takt wie bisher. Das bedeutet Zusatzkosten von 400.000 Euro. Die verkehrspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen teilten vor der Abstimmung in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit, sie sähen in der höheren Taktung für insgesamt 40 Bus- und Bahnlinien in Verbindung mit geplanten Umweltspuren auf Hermann-Wandersleb-Ring und Oxfordstraße „einen großen Schritt in Richtung Verkehrswende“.

Da der Beschluss im Vergleich zum Verwaltungsvorschlag allerdings eine Einsparung von mehr als zwei Millionen Euro ausmacht, teilte die CDU-Fraktion diese optimistische Sicht auf die Dinge ausdrücklich nicht. CDU-Ratsherr Bert Moll sprach von „kleinkarierten Sparvorschlägen“. Angesichts der erklärten Ziele einer Verkehrswende stellte er die Frage: „Welchen Geist atmet dieser Antrag?“ Rolf Beu von den Grünen hingegen konterte, Einsparungen von zwei Millionen Euro seien keinesfalls „kleinkariert“. Und Grünen-Fraktionssprecher Tim Achtermeyer betonte, das vom Bund geförderte Projekt Lead City sei ausgelaufen. „Im Vergleich zur Zeit vor Lead City ist unser Vorschlag eine Erhöhung des Etats, die es so noch nie gegeben hat.“

Eine von fünf Modellstädten

Als eine von fünf Modellstädten hatte Bonn von 2018 bis 2021 Bundesmittel in Höhe von rund 37 Millionen Euro zugesprochen bekommen, um kurzfristige Maßnahmen für eine Verbesserung des Nahverkehrs zu testen. Aus den Vorschlägen der Stadt wählte das Bundesverkehrsministerium einige aus.

Seit diesem Jahr liegt ein Evaluationsbericht vor, der im Kern zu dem Ergebnis kommt, dass Taktverdichtungen und geänderte Linienverläufe bei den Fahrgästen durchaus auf Akzeptanz gestoßen seien und die Attraktivität des ÖPNV verbessert hätten. Allerdings ist in dem Bericht auch zu lesen, dass die Corona-Pandemie und der damit verbundene Einbruch bei den Fahrgastzahlen nur begrenzte Rückschlüsse ermögliche.

In den nächsten beiden Jahren sollen Verwaltung und Stadtwerke nach Wunsch der Koalition die Maßnahmen bewerten, um herauszufinden, welche Investitionen in den Nahverkehr die beste Wirkung erzielen. Eine stärkere Finanzierung des ÖPNV durch Land und Bund fordern nicht nur die Bündnisfraktionen seit vielen Jahren.

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