Kunstprojekt als Hilfe Schüler begegnen Suchtkranken

BONN · Die Abschlussrunde ist still, in der sich Schüler des Tannenbusch-Gymnasiums und Suchtkranke in der Tagesklinik der Ambulanten Suchthilfe Bonn gegenübersitzen. Keiner sagt etwas. Bis ein Patient das Schweigen durchbricht. "Was soll ich denn erzählen? Wenn ich vorne anfange, artet das ja aus."

Dann legt er einfach los. Als er 18 war, begann er regelmäßig Alkohol zu trinken. Erst am Wochenende, dann auch nach der Arbeit. "Ich dachte, das sei normal", sagt er. Irgendwann war das seine einzige Möglichkeit, Ruhe zu finden und "abzuschalten". Ein Mädchen fragt, warum er eingesehen habe, dass er eine Therapie brauche. "Weil das nicht mehr so weiterging, ich hatte einen Nervenzusammenbruch." Mit 1,3 Promille sei er ins Krankenhaus gekommen und habe sich noch normal unterhalten können. "Das war mein täglicher Pegel." Darauf angesprochen, dass er ein Alkoholproblem hat, wurde er meist nur, wenn er betrunken war. "Das ignorierte ich einfach im besoffenen Kopf."

Bei den Gymnasiasten hinterließ diese Begegnung mit den Suchtkranken Spuren. Sie wurden abgeschreckt, aber auf eine sehr menschliche Weise. "Es ist etwas anderes, wenn man das so persönlich mitbekommt und nicht nur jemand Vorträge hält", sagte die 18-jährige Maike. In den vergangenen vier Wochen bereitete Jasmin Friedrich von der Fachstelle für Suchtprävention "update", die zur Suchthilfe von Caritas und Diakonie gehört, die 28 Schüler des Abiturjahrgangs auf die Exkursion vor. "Das war wirklich viel Information und Hintergrundwissen", sagte sie. In drei Gruppen ging es danach in die kooperierenden Suchthilfeeinrichtungen Fachambulanz Sucht, die Tagesklinik und Reha im Wingert sowie die Godesberger Villa Noah, die eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung für chronisch Suchtkranke ist.

Dort bastelten die 17- bis 18-Jährigen mit den Männern und Frauen Collagen, die Themen waren "Flügel und Anker", in Anlehnung an die sogenannten Upper und Downer. "Da wurde über die Ressourcen gesprochen, die alle Menschen brauchen", erklärte Friedrich. Zum Beispiel, was man machen kann, um selbstbewusster und glücklicher zu sein. Sport, Musik oder Kunst waren Vorschläge, die die Jugendlichen und Erwachsene vorschlugen. Die Suchtprävention von früher, in der es nur darum ging, vor Alkohol und Drogen zu warnen, funktioniere dagegen nicht mehr. "Wer eine gefestigte Persönlichkeit hat, läuft weniger Gefahr, abhängig von etwas zu werden", sagte der leitende Klinikarzt Axel Schmidt.

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