Contra-Kreis-Premiere In der Beziehungskiste

Jochen Busse und Hugo Egon Balder glänzen in René Heinersdorffs Erfolgskomödie „Komplexe Väter“ im Contra-Kreis-Theater

 Laufen im Cortra-Kreis-Theater zur Höchstform auf: Die beiden „Väter“ Jochen Busse (links) und Hugo Egon Balder.

Laufen im Cortra-Kreis-Theater zur Höchstform auf: Die beiden „Väter“ Jochen Busse (links) und Hugo Egon Balder.

Foto: Contra Kreis/Conta Kreis

Ute findet Antons schwarzen Rollkragenpulli völlig unpassend für den Anlass. Zu spießig existenzialistisch, total unkreativ. Allein das verbale Gefecht ums richtige männliche Outfit öffnet schon eine ganze Beziehungskiste. Ute teilt ihr Leben seit über einem Vierteljahrhundert mit dem 25 Jahre älteren Anton, der die 70 längst überschritten hat. Nun will die 25-jährige Tochter ihrer Mutter und ihren beiden Vätern ihren neuen Freund vorstellen. Eher soll sie es, denn die Mama, die ihr erwachsenes Kind zu dessen Leidwesen immer noch „mein Kleines“ nennt, hat die Regie übernommen für den möglichen Friedensschluss zwischen dem Erzeuger und dem Erzieher Nadines. Was ihr erwartungsgemäß ziemlich bald entgleitet. Alte Väter, Patchworkfamilien – René Heinersdorff, einer der meistgespielten deutschen Komödienautoren, hat „Komplexe Väter“ vor allem seinen langjährigen alten Freunden Jochen Busse und Hugo Egon Balder auf den Leib geschrieben. Beide sind übrigens selbst späte Väter.

Pointen im Minutentakt

Die beiden langgedienten TV-Senioren und bestens bekannten Bühnenschauspieler erweisen sich als hinreißendes Komödiantenduo, das sich virtuos die Dialogbälle zuspielt: Jede der fast im Minutentakt zündenden Pointen ist ein Volltreffer. Busse, der im Januar seinen 80. Geburtstag feierte, ist der bildungsbürgerlich konservative, sportlich trainierte, sorgfältig frisierte Patriarch Anton, der den Genitiv noch ebenso sicher beherrscht wie seine Gefühle. Balder, Jahrgang 1950, mimt den schlaffen Althippie Erik mit ergrauter Zottelmähne, leicht gebückter Haltung und müdem Zynismus. Mit ihm drehte die damals noch junge Ute einst eine „Ehrenrunde“, deren Produkt wohlbehütet von Mutter und Ziehvater zur eigenwilligen jungen Frau heranwuchs. Alexandra von Schwerin, vor etlichen Jahren Ensemblemitglied am Schauspiel Bonn, spielt die attraktive Mittfünfzigerin Ute mit kühlem Charme, einer Prise romantischer Naivität und kaum zu stoppendem Redefluss.

Josepha Walter gibt bei ihrem Contra-Kreis-Debüt überzeugend das selbstbewusste Töchterchen eines väterlichen Doppelpacks, das beim Erscheinen des Schwiegersohns in spe in einen Krisenmodus verfällt und alle Streitigkeiten beiseiteschiebt. Heinersdorff hat sein Erfolgsstück nicht nur selbst inszeniert, sondern spielt auch Nadines Lover Björn. Der betritt nicht nur im geschmacklich zweifelhaften karierten Anzug (Kostüme: Romy Cordes/Andrea Gravemann) mit einer Flasche Champagner unterm Arm die Kampfarena, sondern ist auch mehr als doppelt so alt wie seine neue Flamme und außerdem noch verheiratet.

Mit seinen intellektuellen Diskursen macht er die alten Herren erst mal fast sprachlos und probt dann als professioneller Psychiater mit ihnen eine Familienaufstellung. Auf der sparsam möblierten Bühne gibt die flotte Inszenierung vor allem den begnadeten Streithähnen Anton und Erik viel Raum zur sprachspielerischen und mimischen Typenzeichnung. Busse und Balder sind ein Traumpaar in der lebenssatten Komödie aus der unübersichtlichen Familien-Konfliktzone. Fulminanter Applaus für das ganze fabelhafte Schauspielerquintett im ausverkauften Contra-Kreis.

Nächste Vorstellungen am 30.11. um 19.30 Uhr und dann fast täglich auf dem Spielplan bis zum 16. Januar 2022. Tickets u.a. bei Bonnticket.

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