Kölner Lanxess-Arena Marius Müller Westernhagen: Den Rock'n'Roll hat er im Blut

KÖLN · "Du stillst meine Gier. Ich still deine Gier. Aber lieben werd ich dich nie!" Kann man mit 63 Jahren noch glaubwürdig Macho-Zeilen wie diese singen, ohne lächerlich zu wirken? Marius Müller-Westernhagen kann es.

 Er möchte wie Jagger sein und sieht doch ein wenig aus wie Tante Käthe: Marius Müller-Westernhagen in Köln.

Er möchte wie Jagger sein und sieht doch ein wenig aus wie Tante Käthe: Marius Müller-Westernhagen in Köln.

Foto: Thomas Brill

10.000 Fans in der Kölner Lanxess-Arena jubeln ihm begeistert zu. Und sind entzückt von seiner wundervollen Backgroundsängerin, die ihn mit großer Stimme schmachtend ansingt. Zu dick aufgetragen? Peinlich gar?

Nein, denn jeder sieht, Westernhagen ist nicht mehr der junge Schnösel vergangener Jahre, der in Unterhemd und Jeans frech zotig-rotzigen Rock auf deutsche Bühnen bringt. Heute, mit runder, blau getönter Brille und nach hinten fliehenden Haaren sieht er im vorgerückten Alter ein wenig wie Tante Käthe aus. Aber es sind seine Songs, die er frisch und rockig spielt, als sei die Zeit stehen geblieben.

Die neuen Stücke vom letzten Studioalbum "Williamsburg" fügen sich nahtlos in die Höhepunkte vergangener Jahre ein. Dennoch sind es die Hits der frühen Jahre, die - tausendmal auf Feiern gebrüllt - die Stimmung des Abends von einem Höhepunkt zum anderen treiben. "Willenlos", "Fertig", "Taximann" und mit "Pfefferminz bin ich dein Prinz" - die Begeisterung kennt kaum Grenzen.

Westernhagen ist sichtlich gerührt, findet aber nur Floskeln, um seinen aufgekratzten Seelenzustand zu beschreiben: "Was für ein Publikum, was für eine Band, was für ein Abend!" Einstudierte Phrasen wie diese haben ihm den Vorwurf der Selbstgerechtigkeit und Arroganz eingebracht.

Mahnende Zeigefinger-Posen, auf die er an diesem Abend fast völlig verzichtet, verstärkten den unangenehmen Eindruck. Aber wahrscheinlich tut man ihm damit unrecht.

Wenn er wie ein Storch in schnellem Laufschritt über die Bühne schreitet, mit seinem Hintern wackelt, dann hat das wenig mit der erotischen Ausstrahlung eines Mick Jagger zu tun. Auch wenn er liebend gerne wie jener sein würde. Er kann es nicht. Aber den Rock'n'Roll, den hat er im Blut.

Mal kantig ("Wir haben die Schnauze voll"), mal treibend-frivol ("Sexy") und eben auch romantisch, zärtlich, aufkratzend wehmütig ("Komm in meine Arme", "Wieder hier"). Westernhagen bespielt bei der "Hottentotten-Tour" die großen Hallen Deutschlands. Aber seine Show kommt ohne aufwendige Installationen und Effekte aus.

Nach zwei Stunden steht er mit seinen Gitarristen Brad Rice und Markus Wienstroer am Bühnenrand und singt von "Johnny Walker", der sein bester Freund ist. Die gesamte Arena steht und singt ergriffen diese wunderbare Trinkerballade. Silbern glitzernde Luftschlangen ergießen sich unter einem lauten Knall über die Köpfe des Publikums. Ein überraschend gesetzter Effekt am Ende einer Show, die durch schnörkellose Musik zu überzeugen weiß.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort