Depeche Mode in Düsseldorf Mit der Kraft der Liebe

Düsseldorf · "Just Can’t Get Enough" ("Ich kann gar nicht genug bekommen") singt Dave Gahan im Zugabenteil vor 43.000 euphorisierten Fans in das Rund der riesigen Esprit-Arena. Stimmt, Dave Gahan wirkt auch nach zwei Stunden so, als könne er noch lange weiter machen.

 Dave Gahan, Frontmann von Depeche Mode, brachte Partystimmung in die Esprit Arena nach Düsseldorf.

Dave Gahan, Frontmann von Depeche Mode, brachte Partystimmung in die Esprit Arena nach Düsseldorf.

Foto: Thomas Brill

In diesen zwei Stunden hat er sich mit seinem liebsten Bühnenrequisit, dem Mikrofonständer, ausgiebig auseinandergesetzt. Mal schleppt er ihn hinter sich her, oder er richtet ihn wie zum Stoß in die Menge. Er hält ihn als Kreuz über den Kopf und nutzt ihn für laszive Bewegungen.

Nach dem ersten Stück entledigt er sich seiner glitzernden Anzugjacke. Darunter nackte Haut, nur durch eine Weste verdeckt. Die Arme voller Tattoos. Kreischen der weiblichen Fans. Gahan, der Galan, genießt den Beifall, dreht die ersten seiner berühmten Pirouetten. Im ersten Titel "Welcome in My World" verspricht er viel Schwüle für den Abend: "Ich werde deine Seele durchdringen und du wirst deine Kontrolle verlieren wollen."

Er gibt alles, um sein Versprechen einzulösen. Das große Schauspiel ist Gahans Leben. Auch in den schwärzesten Momenten seines Lebens - zwei Scheidungen, ein Suizidversuch, ein Beinahe-Tod durch eine Überdosis Heroin und eine langwierige Krebsbehandlung - konnte er mit großen Gesten entfesselt über die Bühne tanzen.

Heute ist er nach eigenen Aussagen mit sich im reinen, nach mehr als 30 Bandjahren durfte er dem neuen Album "Delta Machine" drei Stücke auf Augenhöhe beisteuern. Mastermind Martin Gore ließ es zu. Gahan wurde endlich von demjenigen anerkannt, dessen künstlerisches Urteil ihm am meisten bedeutet. Bei "Precious" wiegen sie sich Rücken an Rücken im Rhythmus der Musik. Show und ernsthaftes Anlehnungsbedürfnis.

Gahan ist der Anheizer. Er spannt gekonnt den Bogen zwischen neuen und alten Stücken. Synthie-Popper - wie sie noch heute beschrieben werden - sind Depeche Mode längst nicht mehr. Schwerer Blues, der sich mit dem kühlen und stählernen Klang der Synthesizer vermischt, dringt aus den Lautsprechern. Er markiert die musikalische Ausrichtung des neuen Albums: Delta Blues und kalter Maschinenklang – das sind Depeche Mode 2013. Sechs Titel spielen sie davon. "Should Be Higher" und das ruhige "Heaven" finden den meisten Zuspruch.

Der Balladenteil gehört traditionell Martin Gore. Zweimal, einmal in der Mitte des Konzerts und zu Beginn des Zugabenteils, darf er, sichtlich gerührt, die Kraft der Liebe anrufen. Wunderkerzen werden gezündet. Besser macht es Gahan, der jetzt aufdreht. "A Question of Time", "Enjoy the Silence" und ein zunächst als Blues getarntes "Personal Jesus" bringen Partystimmung in die Arena.

Merkwürdigerweise lockert das um zwei Gastmusiker erweiterte Trio beim Schlusssong den Druck aufs Gaspedal. "Goodbye" vom neuen Album ist kein schlechtes Stück, aber weit davon entfernt, Euphorie zu entfachen. Das wissen auch Depeche Mode. Es ist wohl als Zeichen gemeint, wie sehr ihnen das neue Album eine Herzenssache ist.

Die Depeche-Mode-Maschine ist kühl und wärmend, gut geölt allemal und im vorgerückten Alter mit wachsender Lust angetrieben. Im Zugabenteil bringt Gahan die Maschine noch einmal auf Hochtouren. "I Feel You" und "Never Let Me Down Again" feiern das besondere Lebensgefühl der Band: "Es gibt mehr als den Alltag!"

Info: Am Freitag, 5. Juli, findet das zweite Konzert von Depeche Mode in der Esprit-Arena Düsseldorf statt. Karten gibt es noch an der Abendkasse. Am 21. November geben Depeche Mode ein Zusatzkonzert in der Kölner Lanxess-Arena.

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