Uwe Timm liest neues Werk in Bonn

Der Hamburger Schriftsteller stellt neuen Roman "Halbschatten" im Lesesaal des Rheinischen Landesmuseums vor

Uwe Timm liest neues Werk in Bonn
Foto: Franz Fischer

Bonn. Die meisten Künstler haben nicht viel für Gespräche übrig, in denen ihnen öffentlich ihr neuestes Werk vorinterpretiert wird. Der Hamburger Schriftsteller Uwe Timm hatte mit seinem Duz-Freund Holger Schwab vom Bonner Buchladen 46 ein Gespräch der besonderen Art.

Während einer Lesung aus Timms Buch "Halbschatten" im Lesesaal des Rheinischen Landesmuseums entwickelte Schwab immer wieder Theorien über den Inhalt des Buches, die Timm offensichtlichen Spaß machten und nicht wenig begeisterten.

Der im letzten August veröffentlichte Roman "Halbschatten" erzählt die fiktionalisierte Geschichte der authentischen deutschen Fliegerin Marga von Etzdorf, die sich 1933 nach einer Fehllandung in Syrien mit nur 25 Jahren das Leben nahm.

Timm las mit warmer Stimme die ersten Seiten seines Romans, in denen er die Zuschauer auch mit dem ungewöhnlichen Stil des Romans konfrontierte. Der anfängliche Ich-Erzähler des Romans lässt sich von einem Wärter den Invalidenfriedhof in Berlin und dort das Grab der von Etzdorf zeigen.

Er will erfahren, wie es kommt, dass diese jung gestorbene Fliegerin hier zwischen Militärs, Politikern und Nazis liegt. Schnell übernehmen die Stimmen der Verstorbenen die Erzählung und wollen ihre eigene Version der Geschichte zu Gehör bringen.

Abrupt wechseln die Figuren, während die Toten sich gegenseitig ins Wort fallen und ihren Anspruch auf die Wahrheit geltend machen wollen. Schwab fragte sich im Gespräch, ob der Friedhofswärter, der im Roman nur "der Graue" genannt wird, vielleicht aus Döblins "Berlin Alexanderplatz" stammen könnte.

Nein, aber Timm freute sich, dass Schwab richtig erkannte, dass eine andere Figur aus Timms Roman "Rot" als Geist auf dem Invalidenfriedhof wieder in Erscheinung tritt. "Die anderen Rezensenten lesen mich wohl einfach nicht richtig, das hat vor dir noch keiner bemerkt", lobte der Autor.

Schwab begeisterte bald das Publikum mit seinen Beobachtungen und seinem Detailwissen, das zuweilen sogar dem Schriftsteller die Sprache verschlug. Insbesondere die Arbeitsweise seines Freundes im Umgang mit so vielen erzählenden Figuren interessierte ihn.

Timms Lieblingstaste an seinem Computer, enthüllte der Autor, sei die "Delete"-Taste - er lösche sehr viel, bis er zu einer Version komme, die ihm gefalle.

Uwe Timm: Halbschatten. Kiepenheuer & Witsch, 272 S., 18,95 Euro.

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