Wettkampf um die Schufa Wer bekommt den Zugriff auf die Daten von Millionen Deutschen?

Berlin · Der schwedische Finanzinvestor EQT greift nach der Wirtschaftsauskunftei – und damit auch nach den Daten von 68 Millionen Privatpersonen. Die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken wollen das verhindern.

 Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa bewerten die Bonität von Verbrauchern.

Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa bewerten die Bonität von Verbrauchern.

Foto: picture alliance/dpa/dpa-tmn/Catherine Waibel

Wer in Deutschland einen Kredit aufnimmt, einen Mobilfunkvertrag abschließt oder ein Konto eröffnet, hat mit ihr zu tun: der Schufa in Wiesbaden. Das Unternehmen entscheidet, ob Kunde oder Kundin formal zahlungsfähig ist – und das Geschäft zustande kommen kann. Die Abfrage ist verpflichtend, meist eine Formalie. Jahrzehntelang arbeitete die Schufa im Hintergrund vor sich hin. Jetzt will ein Finanzinvestor das Unternehmen kaufen, das Geschäft kräftig erweitern. Sparkassen und Genossenschaftsbanken wollen das verhindern. Es geht vor allem um sensible Daten.

Die Schufa, 1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet, ist die größte und wichtigste Auskunftei dieser Art in Deutschland. Mehr als 10 000 Kunden vertrauen auf die Informationen des Unternehmens. Über die Jahre hat die Schufa sensible Daten von 68 Millionen Deutschen und sechs Millionen Firmen gesammelt, insgesamt mehr als eine Milliarde. Auf Basis dieser Daten kann sie bei jeder Abfrage einen sogenannten Score berechnen, der anzeigt, ob eine Person zahlungsfähig ist und sehr wahrscheinlich bleibt.

Banken und Unternehmen vertrauen auf die Schufa-Auskunft. Vielen Verbraucherschützern gilt das Unternehmen eher als undurchsichtige Datenkrake, unter anderem weil unklar ist, wie sich der Score genau errechnet. Die Schufa selbst gibt nur allgemeine Informationen dazu. Zuletzt fiel das Unternehmen negativ auf, weil es bei bestimmten Telefonverträgen direkten Zugriff auf Kontodaten der jeweiligen Kunden haben wollte. Der Plan ist inzwischen aufgegeben.

Der Finanzinvestor EQT sieht im Datenschatz eine sehr gute Chance und plant die Übernahme der Schufa. Die Schweden wollen einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, das Geschäft – bisher auf Deutschland konzentriert – europäisch ausrichten. Ein Finanzinvestor trimmt ein Unternehmen auf Rendite und plant meist, es nach einigen Jahren gewinnbringend zu verkaufen.

Bereits im vergangenen Jahr hat EQT sich mit der französischen Großbank Société Générale geeinigt, deren Anteil von zehn Prozent an der Schufa zu übernehmen. Rund 200 Millionen Euro wollen die Schweden dafür ausgeben, die Schufa wäre dann zwei Milliarden Euro wert. Beim Kartellamt hat EQT bereits die vollständige Übernahme angemeldet.

Schufa-Übernahme könnte an Aktionären scheitern

Doch das ist nicht so einfach. Denn die Schufa ist eine AG, gehört vor allem Banken, Sparkassen, Händlern. Es gibt rund 30 Einzelaktionäre. Und es gibt Vorkaufsrechte für Alteigentümer. Bevor also EQT zum Zuge kommt, müssen alle anderen ablehnen. Danach sieht es bisher nicht aus. Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die gemeinsam rund 47 Prozent der Schufa-Anteile besitzen, wollen EQT ausbremsen und die Mehrheit an der Schufa übernehmen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, die Dachorganisation der Sparkassen, erklärt: „Wir werden alle Optionen prüfen, die die bewährten Strukturen der Schufa dauerhaft sichern.“

Die Nürnberger Teambank meldete beim Kartellamt ebenfalls Zukäufe an. Sie gehört zur DZ-Gruppe, dem Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken. Die Schufa habe als Datenlieferant strategische Bedeutung. Bestandsaktionäre hätten ein Interesse daran, stabile Mehrheitsverhältnisse zu erlangen.

Neben der Société Générale gelten auch die Deutsche Bank (sechs Prozent) und Commerzbank (zwölf Prozent) als verkaufswillig. Auch die Targobank könnte sich von ihren Anteilen an der Schufa trennen, ist zu hören. Offiziell äußern sich die Institute nicht. Sollten Sparkassen und Genossenschaftsbanken zukaufen, könnte es also recht teuer werden. Oder EQT kommt doch noch mit einem Minderheitsanteil zum Zug.

Hinter der börsennotierten EQT steht die schwedische Industriellenfamilie Wallenberg. Der Finanzinvestor verwaltete im vergangenen Jahr Fonds im Wert von rund 73,4 Milliarden Euro. In diesem Jahr will er einen neuen Fonds mit Kapital von 20 Milliarden Euro auflegen. EQT sammelt das Geld bei Anlegern ein und investiert es dann. In Deutschland sind die Schweden schon länger aktiv.

So brachten sie vor Jahren den Aroma- und Duftstoffspezialisten Symrise an die Börse, inzwischen ist er in den Deutschen Aktienindex Dax aufgestiegen. 2021 kaufte EQT gemeinsam mit dem US-Finanzinvestor Hellman und Friedman den deutschen Tierbedarfsonlinehändler Zooplus. EQT ist auch am Prothesenspezialisten Ottobock und dem Breitbandnetzbetreiber Deutsche Glasfaser beteiligt, beides Kandidaten für einen Börsengang in diesem Jahr.

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