Unterkünfte für Erntehelfer Spargel Ritter verweigert Gewerkschaftern den Zutritt

Bornheim · Kritik an Bedingungen für Erntehelfer: Spargel Ritter verweigert der „Freien Arbeiterinnen Union“ Zutritt zu den Unterkünften in Bornheim. Gewerkschafter wollen heute protestieren.

 Am Eingang des Containerdorfs, in dem die Erntehelfer untergebracht sind, ist für die Gewerkschafter von FAU Endstation.

Am Eingang des Containerdorfs, in dem die Erntehelfer untergebracht sind, ist für die Gewerkschafter von FAU Endstation.

Foto: Sven Westbrock

Der Sicherheitsdienst des insolventen Gemüse-Anbauers Spargel Ritter hat am Sonntag Mitglieder der Freien Arbeiterinnen Union (FAU) daran gehindert, die Unterkünfte der Erntehelfer in Bornheim zu besichtigen. Nach Berichten von massiven Missständen mit Blick auf Unterbringung, Verpflegung und Schutz vor dem Coronavirus wollten sich die Gewerkschafter selbst ein Bild von der Situation im Containerdorf an der Kläranlage machen.

Rechtlich ist die Gewerkschaft dazu auch berechtigt, da drei Erntehelfer Mitglied seien, so FAU-Sprecher Erik Hagedorn. Nach Rücksprache mit einem Anwalt für Arbeitsrecht habe man sich jedoch dagegen entschieden, die Polizei hinzuzuziehen, da von dieser keine Hilfe zu erwarten sei. Am heutigen Montagmorgen wollen er und seine Kollegen vor der Unterkunft der rumänischen Arbeiter demonstrieren und nochmals versuchen, sich Zugang zu verschaffen.

Die Bedingungen, unter denen die Erntehelfer untergebracht sind, nennt Hagedorn „katastrophal“. „Es passiert viel zu viel auf engem Raum, es leben drei bis vier Leute auf einem Zimmer“, kritisiert er. Außerdem hätten die Saisonarbeiter kein warmes Wasser. Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen begründete die Verweigerung des Zutritts damit, dass die Gewerkschafter sich auf das Recht zum Zugang zum Betrieb gemäß Betriebsverfassungsgesetz beriefen. Er habe noch nicht prüfen können, ob es sich beim Containerdorf um Betriebsgelände handelt, so der Jurist.

Erntehelfer haben bislang kaum Lohn erhalten

Die Sanitäranlagen seien verschmutzt gewesen, weil einige der Rumänen die Reinigungskräfte daran gehindert hätten, diese zu säubern. Und zwar deshalb, damit sie sich über die Zustände beschweren könnten. Sechs Sicherheitsleute habe er engagiert, damit die Reinigungskräfte ihrer Arbeit nachgehen könnten. Das Bornheimer Ordnungsamt habe am Samstag bestätigt, dass die Sanitäranlagen nun sauber seien. Noch am Freitag waren die Sanitäranlagen im Containerdorf vom Kreis-Gesundheitsamt beanstandet worden.

Auf den Feldern läuft indes nur noch die Ernte der Erdbeeren. Das Spargelstechen wurde im Zuge der Corona-Krise aufgrund des Mangels von Abnehmern in der Gastronomie eingestellt. Schulte Beckhausen zufolge ist den Spargelstechern zwar Angeboten worden, bei der Erdbeer-Ernte mitzuhelfen. Doch laut FAU-Gewerkschaft ist unter den Arbeitern die Rede davon, dass sie Anfang dieser Woche in ihre rumänische Heimat geschickt werden. Die Abreise der teilweise eingeflogenen Arbeiter ist Erik Hagedorn zufolge jedoch noch nicht organisiert worden. Lediglich sei angekündigt worden, dass die Arbeiter „Montag oder Dienstag vor die Tür gesetzt werden“.

Noch keinen Lohn für Mai erhalten

Dabei haben der Gewerkschaft zufolge viele Erntehelfer bisher  kaum oder gar keinen Lohn bekommen. Mit Unterstützung einer Dolmetscherin berichteten dem General-Anzeiger am Sonntag zwei Arbeiterinnen davon, dass sie für April lediglich 50 beziehungsweise 105 Euro erhalten hätten – Beträge, bei denen es sich eigentlich nur um Vorschüsse handeln kann. Für Mai seien sie noch gar nicht bezahlt worden.

Dass sie für das Erdbeer-Pflücken im Akkord bezahlt werden, ihre deutschen Kollegen aber einen festen Stundenlohn von zehn Euro bekommen, stört die rumänischen Frauen nicht. Wichtig ist ihnen, dass sie ihren Lohn überhaupt bekommen. Am heutigen Montag soll es laut Gewerkschaft  so weit sein. Für 8 Uhr morgens sei eine Auszahlung der Arbeiter angesetzt worden. Hagedorn und seine Kollegen wollen dann wieder vor Ort sein und gegen die Bedingungen bei Spargel Ritter demonstrieren.

Bereits am Samstag war der Bornheimer Linken-Vorsitzende Heinz-Peter Schulz mit Kollegen von Kreis-Linken an der Unterkunft unterwegs. Er stellte in Aussicht, den Arbeitern einen Fachanwalt zu finanzieren, sollte die Auszahlung des Lohns nicht stattfinden. Schulz zeigte sich zudem verwundert darüber, dass die Erntehelfer angesichts Corona-Pandemie keine Schutzmasken tragen.

Gesprächspartner der Linken war die 29-jährige Rozalia Sotri. Laut eigenen Angaben seit elf Jahren in der Bundesrepublik, spricht die Rumänin fließend Deutsch. Auch sie sprach gegenüber dem GA von ausbleibendem Lohn und Problemen bei Unterbringung und Verpflegung (Samstagsausgabe). Zwar lebt sie im Ruhrgebiet, doch will sie so lange in Bornheim bleiben, bis sie ihren vollen Lohn von etwa 1500 Euro bekommen hat. Bisher habe sie gerade mal einen Vorschuss von 300 Euro bekommen.

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