Noch einiges zu lernen DFB-Elf verliert mit 2:3 im Freundschaftsspiel gegen Belgien

Köln · Die DFB-Elf verliert am Dienstagabend in Köln das Freundschaftsspiel gegen Belgien. Nach einem 2:3 hat Trainer Hansi Flick mit seiner Mannschaft noch einiges zu lernen auf dem Weg zur Heim-WM.

Niederlage der DFB-Elf im Testspiel gegen Belgien.

Niederlage der DFB-Elf im Testspiel gegen Belgien.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bei den bislang letzten beiden Vorstellungen der deutschen Nationalmannschaft im Kölner Stadion war es leise. Sehr leise. Im Oktober 2020 führte die Pandemie dazu, dass keine Zuschauer das Länderspiel-Doppel der deutschen Elf gegen die Türkei in der Arena verfolgen durften, die wenigen Gäste wie Journalisten trugen Masken, es war beinahe surreal. Lediglich das Ploppen des Balls bei jedem Schuss, Pass und sogar Kopfball war zu vernehmen wie Böller an Silvester. Diese Atmosphäre der Stille wie bei einem Wochenkick auf der Bezirkssportanlage West trieb die Auswahlteams immerhin zu vielen Toren, beide Spiele endeten 3:3. Der deutsche Trainer hieß Joachim Löw.

Der Trainer der Neuzeit heißt Hansi Flick, und der musste am Dienstagabend miterleben, dass seine Mannschaft noch einiges zu lernen hat auf dem Weg zur Heim-EM. Im Test gegen Belgien verlor sie nach sehr schwacher erster Hälfte und einem mutmachenden Aufbäumen danach mit 2:3 (1:2). Im mit 42.000 Zuschauern ausverkauften Stadion in Müngersdorf, in dem es zuvor alles andere als still war, herrschte große Ernüchterung. Selbst wenn oder gerade weil der große Kampf der Deutschen nach dem Wechsel nicht belohnt wurde.

Flick schickte eine leicht veränderte Startformation gegenüber dem 2:0 gegen Peru ins Rennen. Kai Havertz (grippaler Infekt) und Nico Schlotterbeck (muskuläre Probleme) fielen aus. Dafür rückte Thilo Kehrer in die Innenverteidigung, Serge Gnabry ersetzte im offensiven Mittelfeld den gegen Peru überzeugenden Ex-Leverkusener Havertz. In der defensiven Mittelfeldzentrale kam Leon Goretzka für Emre Can zum Zug und bildete mit Joshua Kimmich das bewährte Bayern-Duo.

Doch die Deutschen offenbarten, dass der Weg mit den vielen unerfahrenen Neulingen ein sehr langer Richtung EM zu drohen wird. Doch auch die erfahrenen Kräfte wie Matthias Ginter und Kehrer, die die zentrale Verteidigung bildete, zeigten sich mitunter überfordert mit der wuchtigen Offensive der Belgier um ihre „Ein-Mann-Büffelherde“ Romelu Lukaku, immer wieder geschickt eingesetzt vom früheren Bundesligaspieler Kevin de Bruyne. Fast eine halbe Sunde lang lief Deutschland der belgischen Musik hinterher. Das hatte seine Gründe, war doch auch die rechte deutsche Seite von Marius Wolf, gegen Peru noch hochgelobt, eine Freihandelszone für die Gäste.

Den endlosen Raum nutzen sie, Yannick Carrasco umkurvte den Dortmunder Wolf und jagte den Ball unter die Latte – Marc-André ter Stegen im deutschen Tor war chancenlos (6.). Und drei Minuten später war der Doppelschlag perfekt. Einen Pass durch die Schnittstelle verteidigte die deutsche Viererkette ungeschickt, Matthias Ginter spielte auf Abseits, und Lukaku agierte im Stil eines Torjägers – 2:0 für die Gäste (9.). Bei beiden Treffern war ManCity-Star Kevin de Bruyne wie ein Phantom nicht zu fassen und leistete die präzise Vorarbeit, auch, weil er im Mittelfeld kaum auf Gegenwehr stieß.

Das Flick-Team verlor vollkommen die Orientierung. Die gesamte DFB-Defensive erstarrten vor Ehrfurcht, wenn Sturmtank Lukaku auch nur in die Nähe des Balles kam. Doch zunächst war es ein anderer, der das 3:0 zielsicher ansteuerte. Nach einer deutschen Ecke startet Dodi Lukebakio nach einem weiteren Fehler des überforderten Florian Wirtz durch und schob den Ball frei vor ter Stegen um Zentimeter am Tor vorbei (19.).

Belgien-Coach und Ex-Schalke-Trainer Domenico Tedesco hatte den Kontrahenten ja zuvor schon als Mannschaft gepriesen, die „über Weltklassespieler und unglaublich viel Potenzial“ verfüge. Das aber offenbarten vielmehr die Belgier, die den Druck hochhielten. Erst ganz langsam wagten sich die deutschen aus dem Schlafzimmer, wurden stabiler und nahmen nun ebenfalls am Spiel teil, auch wenn zunächst Ideen, Durchsetzungsvermögen und Gier fehlten. Es musste schon eine Standardsituation herhalten, um gefährlich zu werden. Kimmich zog eine Ecke in die Mitte auf Niclas Füllkrug, der den Ball zwar erwischte, aber Lukakus Arm schritt ein. Es gab Elfmeter, und der Bremer selbst schnappte sich den Ball im festen Bewusstsein, im sechsten Länderspiel den sechsten Treffer zu erzielen. So geschah es (44.). Nach einem bis dahin schwachen Vortrag gab der Anschlusstreffer zumindest Hoffnung.

Die sollte auch nach dem Wechsel leben. Die deutsche Elf übernahm die Kontrolle, wirkte geschlossener und gewillt, im zweiten Länderspiel des Jahres nicht die erste Niederlage hinnehmen zu müssen. Die Stimmung in Müngersdorf wurde besser. Von Stille nichts zu spüren. Und dann zeigte Wolf, dass er zwar in der Defensive Defizite aufweist, doch nach vorne sein Tempo auch nützlich sein kann. Sein Pass erreichte Gnabry, doch der verzog knapp (53.). Die Gastgeber, angetrieben von den eingewechselten Emre Can und Debütant Felix Nmecha, agierten nun zweikampfstärker und zielstrebiger, und sie fanden Mittel, Lukaku zu bekämpfen.

Wie man Füllkrug fachmännisch bekämpft, wussten die Belgier dann nicht. Sein Kopfball nach einem Raum-Freistoß nach einer Stunde strich knapp über die Latte. Die DFB-Elf verlagerte die Partie nun in die gegnerische Hälfte, attackierten früher. Der Wille war zu erkennen, doch große Chancen blieben zunächst aus. Die Roten Teufel aus dem Nachbarland packen nun den Dreizack aus und verteidigten ihr Revier, die Deutschen liefen an. Doch es regnete nicht nur unaufhörlich in Köln, auch die Belgier verpassten ihnen eine kalte Dusche. Einen Konter veredelte de Bruyne eiskalt zum 3:1 (78.). Doch die Deutschen kämpften. Erst scheiterte Gnabry nach starkem Solo, dann war der Münchner nach glänzender Vorarbeit von Kevin Schade zur Stelle (87.). Zu wenig um das dritte 3:3 in Folge in Köln zu erreichen.

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