Prozess Sohn der getöteten Journalistin Regine P. sagte vor Bonner Landgericht aus

Bonn · Eine bedrückende Stille herrschte am Freitagmittag im alten Schwurgerichtssaal des Landgerichts, als der Sohn der vor fast 20 Jahren getöteten Journalistin Regine P. auf dem Zeugenstuhl Platz nahm. Anschließend vergingen mehrere Minuten, in denen man eine Stecknadel auf den Teppichboden hätte fallen hören können, bevor der Angeklagte von zwei Wachtmeistern in den Saal geführt wurde.

Einen kurzen Moment lang trafen sich die Blicke der beiden Männer. Soeben hatte der heute 36 Jahre alte Zeuge seinem ehemals besten Freund zum ersten Mal mit dem Wissen ins Gesicht geschaut, dass der 37-Jährige den Tod seiner Mutter zu verantworten hat.

Vor einer Woche hatte der wegen Mordes aus Verdeckungsabsicht angeklagte Koch gestanden, in der Nacht auf den 12. Juli 1992 in die Rüngsdorfer Wohnung der 46 Jahre alten Regine P. eingedrungen zu sein, um die Mutter seines Freundes im Drogenrausch zu vergewaltigen. In dem folgenden Kampfgeschehen hatte der damals 18 Jahre alte Schüler dem Opfer nach eigenen Angaben mit einem Blumentopf auf den Kopf geschlagen und das Gesicht mit einem Bettlaken umwickelt.

Zu der geplanten Vergewaltigung war es laut dem Angeklagten nicht mehr gekommen. Er hatte angegeben, die Wohnung in dem Glauben verlassen zu haben, dass die bewusstlose 46-Jährige wieder zu sich kommen wird. Die Auswertung alter DNA-Spuren hatte die Ermittler zu dem Verdächtigen geführt. Ruhig und gefasst wirkte der Sohn des Opfers nun vor Gericht.

Der Erzieher schilderte, wie er damals einige Tage nach der Tat aus seinem Internat in Detmold zurück nach Bonn kam. Er sei sofort stutzig geworden, da die Rolladen heruntergelassen waren und die Wohnungstür nicht abgeschlossen war. Schon im Treppenhaus habe er Verwesungsgeruch bemerkt und dann seine Mutter tot auf dem Fußboden im Schlafzimmer liegend vorgefunden. Schätzungsweise fünf Sekunden sei er vor der Leiche stehen geblieben und habe dann sofort die Polizei angerufen.

In der Folgezeit habe er das Gefühl gehabt, dass der Angeklagte für ihn da sei und ihn trösten wollte. So war man gemeinsam mit einem weiteren Freund in Urlaub gefahren, um auf andere Gedanken zu kommen. Lange Zeit hatte der Sohn den Freund der Mutter für den Täter gehalten. Seinen besten Freund - zu dem der Kontakt anscheinend Ende der 90er abgerissen war - habe er nie verdächtigt. Als die Polizei dem Erzieher im vergangenen Jahr von der Festnahme des 37-Jährigen berichtete, habe er "eine Woche gebraucht, um das wirklich zu begreifen. Es war das Gefühl, als ob mir jemand den Boden unter den Füßen wegzieht", so der Zeuge.

Der 36-Jährige, inzwischen selber Vater, gab an, dass seine Entwicklung durch die Tat etwa fünf Jahre verzögert gewesen sei. Er habe zwar die Schule beendet, dann aber erst mal nichts gemacht. Erst nach einiger Zeit habe er eine Therapie absolviert. Aufgrund dieser habe er nun eine "Werkzeugkiste, um damit umgehen zu können".

Dem Angeklagten kam während und nach der Vernehmung des Zeugen kein Wort über die Lippen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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