Weiberfastnacht in Bonn Wirte zeigen wenig Verständnis für Regeln in den Brauchtumszonen

Bonn · Die Weiberfastnacht lief in Bonn ruhig ab. Einzelne, meist jüngere Jecken, Hagelschauer und halbvolle Kneipen prägten das Stadtbild. Kaum einer der Wirte in der Altstadt hatte Verständnis für die Regelungen in den Brauchtumszonen.

 Normalerweise würden sich vorm dem Nyx an Weiberfastnacht die Leute die Füße plattstehen. Diesmal nicht.

Normalerweise würden sich vorm dem Nyx an Weiberfastnacht die Leute die Füße plattstehen. Diesmal nicht.

Foto: Benjamin Westhoff

Vor seiner Kneipe wäre jetzt eigentlich die Hölle los, sagt Ragnar Fleischmann. Normalerweise kämen am frühen Nachmittag die Narren nach dem Sturm auf das Beueler Rathaus auf die linke Rheinseite, um zum Beispiel im Nyx weiterzufeiern. Die Schlange vor der Altstadt-Kneipe würde einige Meter weit auf den Bürgersteig reichen. Diesmal ist die Kneipe gerade mal halbvoll. Das kennt der Wirt in diesen schwierigen Zeiten schon. Wütend ist er aber über die Einteilung in Brauchtumszonen seitens der Stadt.

Am Dienstag hatte die Stadt eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, die das Feiern in besagten Brauchtumszonen schwierig gestaltet. Demnach gilt in einem Teil der Brauchtumszonen Alkoholkonsumverbot - nämlich in der Altstadt, auf der Poppelsdorfer Allee sowie an den beiden Rheinufern an der Kennedybrücke.  Kneipengänger dürfen nur an ihren Plätzen bewirtet werden und auch nur dort ihre Masken abnehmen. Dass diese Entscheidung so kurz vor knapp herauskam, hält Fleischmann für Kalkül. Von einem befreundeten Kommunalpolitiker habe er gesagt bekommen, die Stadt wolle damit juristische Anfechtungen umgehen.

Ukraine-Krieg verdunkelt Stimmung zusätzlich

Diese wären laut seines Anwalts zwar gerichtsfest gewesen, doch könnten sie in so kurzer Zeit nicht durchgeführt werden. Fleischmann versteht das vor allem auch nicht, weil am 4. März die Clubs und Diskotheken in NRW wieder öffnen dürfen.

Die Stimmung im Bla an der Bornheimer Straße ist noch schlechter. Inhaberin Valeska Kroll hat bis zur letzten Sekunde überlegt, ob sie überhaupt öffnet. Die Musik läuft im Hintergrund, gerade einmal fünf Gäste sitzen auf den Holzbänken.

Neben schlechtem Wetter und verwirrenden Hygieneregeln überschattet der Krieg in der Ukraine für sie die Lage. „Ich habe eben zwei Gäste gesprochen, die nach Köln fahren wollten, jetzt aber nach Hause gehen, weil sie Feiern an so einem Tag für unsolidarisch halten“, sagt Kroll. „Wir haben alle Regeln in den letzten zwei Jahren mitgemacht, von den Sperrstunden bis zu den Schließungen. Diese Extra-Regeln an Karneval sind fast schon etwas gemein. Normalerweise wirtschaften wir an Karneval für das ganze Jahr vor.“

Im Steinbeck und in der UnfassBar an der Breiten Straße ist der Ukraine-Krieg noch kein Thema. Das Personal ist mit zahlreichen Gästen zugange und muss sich um deren Bewirtung kümmern. UnfassBar-Wirt Holger Quanz hat, anders als viele andere Kneipenbetreiber, bereits um 16 Uhr volle Hütte. Die komplizierten Regelungen für die Bonner Brauchtumszonen hält er, wie viele Kollegen in der Branche, für falsch.

Leere Bonner Innenstadt an Weiberfastnacht

In der Innenstadt ziehen nur wenige Narren umher, nicht alle wirken heiter. Doch hier und da sind bunt geschminkte Familien zu sehen. Mitglieder des Festausschusses Bonner Karneval verteilen 1000 Berliner an Fußgänger. Präsidentin Marlies Stockhorst sagt, man wolle „den Bonnern in schweren Zeiten ein Lächeln ins Gesicht zaubern“. Schwierig angesichts des Krieges: Der sei „nicht aus den Gedanken zu vertreiben und ganz furchtbar“.

Auch in Bad Godesberg fällt Weiberfastnacht so gut wie aus. Jecken sieht man nur vereinzelt. Die Regeln für die Brauchtumszonen sind mangels Masse fast überflüssig. An die Maskenpflicht halten sich nur wenige Passanten. Auch hier geht es in den Kneipen und Restaurants beschaulich zu.

Ordnungsamt, Polizei und ein privater Sicherheitsdienst, der in der Altstadt patrouilliert, kontrollieren die Regeln. „Es verläuft unerwartet ruhig“, sagt ein Mitarbeiter, man stelle sich aber auf turbulentere Abendstunden ein. Die Stadtverwaltung zieht am Nachmittag eine „positive Zwischenbilanz“. Es gibt keine Anzeigen wegen Verstöße gegen Zugangsbeschränkungen, die Maskenpflicht oder das Alkoholkonsumverbot. Alles ruhig auch bei Feuerwehr und Rettungsdienst.

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