Ausverkauf im Lindenhof Der Abend der großen Schnäppchen

KESSENICH · André Terrier erhielt Mittwochnachmittag einen Anruf: Seine Frau hatte im Lindenhof eine hölzerne Eckbank gesehen, die es ihr angetan hatte. Der Rheinbreitbacher maß kurzerhand einen Bereich seiner Wohnung ab, und stellte fest, dass die Bank passen würde.

 Alles muss raus: Rouven Canzler (l.) hängt eine der Deckenlampen im Lindenhof ab, die ein Besucher bei Heinz Nauroth (r.) bestellt hat.

Alles muss raus: Rouven Canzler (l.) hängt eine der Deckenlampen im Lindenhof ab, die ein Besucher bei Heinz Nauroth (r.) bestellt hat.

Foto: Knopp

"Ich bin mit dem großen Auto nachgekommen", sagte er. Neben den Möbelstücken nahm die Familie Metallbehälter für Bowle oder sonstiges, große Pizzateller, eine schmale Terrine, ein paar typisch rheinische Muschel-Serviertöpfe und anderes mit - alles für 150 Euro, ein Schnäppchen.

Die Gaststätte ist geschlossen, die gesamte Einrichtung muss raus - warum also nicht verkaufen, dachte sich das bisherige Wirtsehepaar Didi und Mike Kern. Die beiden beauftragten ihren Mitgesellschafter Heinz Laubach mit der Durchführung des Ausverkaufs, der gestern Nachmittag über die Bühne ging. Er und seine Helfer verkauften Porzellan, Gläser, Regale, Deckenlampen, Bilder und auch das Thürmer-Klavier, das seit Langem im Lindenhof steht. Es ging für 250 Euro an die Gaststätte "Zum goldenen Anker" in Remagen. Ebenfalls ein absolutes Schnäppchen, auch wenn das Instrument mal wieder gestimmt werden müsste.

Der Betrieb hielt sich in Grenzen, viele Sachen wurden nicht verkauft. Ein paar Schmuckstücke hatte Steuerberater Nauroth anzubieten, etwa die alte und sperrige Kaffeemaschine Marke "La Cimbali". Nach solchen Dingen schaute Monika Keller vom Zebulon nicht. Für die Kneipe suchte sie Bierdeckel, "weil wir dringend welche brauchen". Zumindest bis die nächste Lieferung kommt. Sie hatte außerdem einige Metall- und Porzellanutensilien gefunden.

Die Besucher stöberten hinter der Theke, in der Küche, in den Lagerräumen im Keller, überall dort, wo Gäste sonst nicht hin dürfen. Ehepaar Hartmann kaufte ein Bild, noch dazu ein Original von dem österreichischen Expressionisten Egon Schiele, für sagenhafte 25 Euro. "Und mit der Patina des Lindenhofs." Da konnten sie das Bild nicht stehen lassen. Sie nahmen es mit, als "regionalgeschichtliche Erinnerung" an den Lindenhof, in dem sie auch hin und wieder gegessen hatten. "Wir bedauern immer, wenn Traditionsgeschäfte zu machen", meinten sie.

Gut 14 Jahre lang hatten Didi und Mike Kern den Lindenhof geleitet. Viele der Möbelstücke seien älter, sagte Helfer Rouven Canzler. "Es ist schade, dass wir hier aufhören müssen", meinte Nauroth. Nach seiner Aussage haben die Wirte aus Altersgründen den auslaufenden Pachtvertrag nicht verlängert. "Herr Kern ist ja schon 69 Jahre alt", so der Mitgesellschafter. "Wir haben aber auch keine Nachfolger gefunden, die das in dieser Form als Familie weitermachen würden." Von den Einnahmen aus dem Ausverkauf würden ausstehende Rechnungen an den Getränkelieferanten und das Finanzamt bezahlt, sagte Nauroth.

Bis zum Wochenende müsse der Lindenhof komplett leer geräumt sein, sagte er, damit Gabriel Strusch vom Karthäuserhof einziehen kann. Im April eröffnet er in der Burbacher Straße 222 sein "GaStru Cuisine im Lindenhof".

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