Weihnachtslicht Frisches Obst gab es zu Hause nie

Viele Senioren, die heute bedürftig sind, haben meist ihr Leben lang in Armut gelebt. Der GA hat mit Betroffenen gesprochen.

 Materielle Sorgen und Einsamkeit machen in diesem Jahr vielen Senioren zu schaffen. Aufgrund der Ansteckungsgefahr wird selbst der Kontakt zur Familie vermieden. Der Blick aus dem Fenster ist eine der wenigen Abwechslungen.

Materielle Sorgen und Einsamkeit machen in diesem Jahr vielen Senioren zu schaffen. Aufgrund der Ansteckungsgefahr wird selbst der Kontakt zur Familie vermieden. Der Blick aus dem Fenster ist eine der wenigen Abwechslungen.

Foto: picture alliance / dpa-tmn/Klaus-Dietmar Gabbert

Elsbeth B. ist eine bescheidene Person. Sie brauche doch gar nichts, wiegelt sie ab, als sie von der Aktion Weihnachtslicht nach ihren Wünschen gefragt wird. Dabei hat sie nicht viel in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung. Doch sie schaut oft zurück auf ihre Jugend, in der sie noch weniger hatte. Die 73-Jährige wuchs sehr arm auf. „Milch gab es nur in Pulverform“, erinnert sie sich. „Wir haben nie Obst oder Früchte gesehen.“ Die Eltern arbeiteten schon als Jugendliche im Bergbau. Elsbeth B. war die Älteste von zehn Geschwistern und damit für viel Arbeit verantwortlich. Sie musste überall anpacken. Die Familie sei arm gewesen, aber eine Gemeinschaft: „Wir haben zusammengehalten“, erzählt Elsbeth B. Auch ihre eigene Familie wollte sie so zusammenhalten. Doch bereits mit Mitte 40 wurde sie Witwe. Alleinerziehend mit drei kleinen Kindern wagte sie einen Neustart in einem neuen Land. Stellte sich Sprachproblemen und suchte Arbeit. Doch eine so entbehrungsreiche Jugend hinterließ Spuren. Herzprobleme und Diabetes erlaubten ihr nicht, einen Vollzeitjob anzunehmen. Keine Gelegenheit, um viel zu verdienen, etwas anzusparen oder eine eigene Rente zu erwirtschaften. Heute lebt Elsbeth B. von der Grundsicherung. Sie möchte nicht klagen. „Es geht, hier kann man Leben“, sagt sie schlicht über ihr Zuhause. Doch dann fasst sie Vertrauen und verrät ein paar Sorgen. Eine große ist aktuell die Waschmaschine, die nicht mehr problemlos ihren Dienst tut. Geht sie ganz kaputt, kann sich die Seniorin keinen Ersatz leisten. Ein neues Gerät wäre ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk. kyr

Eigentlich hat sie ein ganz normales Leben geführt. Doch ein Schicksalsschlag beförderte Maria H. geradewegs in die Armut. Als junge, unverheiratete Frau hat sie gearbeitet, war als Verkäuferin im Einzelhandel tätig. Dann lernte Maria H. einen Mann kennen und heiratete ihn. „Ich bin 78 Jahre alt. In meiner Generation war es üblich, dass die Frau nach der Hochzeit nicht mehr arbeiten ging“, sagt die Bonnerin. Fatal sei es somit gewesen, dass ihr Ehemann selbstständig war - und krank wurde. „Er konnte nicht mehr arbeiten.“ Maria H. pflegte ihn von da an. Aber Geld hatte die Familie kaum noch. Dabei benötigten sie Medikamente, und auch das Haus musste barrierefrei werden. Als ihr Ehemann starb, war Maria H. auf sich allein gestellt. „Ohne meine Kinder wäre ich vereinsamt“, so die 78-Jährige. „Auch jetzt besuchen sie mich noch oft und gehen mit mir spazieren.“ Maria H. geht gerne und viel spazieren. Täglich ist sie für mehrere Stunden an der frischen Luft. Deswegen möchte sie die finanzielle Unterstützung durch die Aktion Weihnachtslicht nutzen, um sich auch neue Winterstiefel zu kaufen. „Momentan stehen mir nur noch meine abgetragenen Schuhe zur Verfügung. Sie sind schon ganz abgenutzt, die Sohlen haben sich sogar an einigen Stellen gelöst“, sagt Maria H. und ergänzt freudestrahlend: „Bald habe ich endlich neue Schuhe.“ mji

Das „Weihnachtslicht“ kann Irma G. in diesem Jahr besonders gut gebrauchen. Mit dem zusätzlichen Geld will sich die Seniorin nämlich endlich dringende Wünsche erfüllen. Dazu gehört vor allem eine neue Matratze, die ich „für meinen Rücken benötige“, erzählt die über 80-jährige rüstige Rentnerin. Mit wenig mehr als 200 Euro ist ihre Rente ausgesprochen gering, die zusätzliche Grundsicherung hilft der Bonnerin die monatlichen Kosten wie Miete und Nebenkosten zu stemmen. Ihr Mann und sie waren einst selbstständig, Ersparnisse wie auch die Lebensversicherung wurden in Anschaffungen des Unternehmens gesteckt. „Als mein Mann starb, hatten wir Schulden bei der Bank und dem Finanzamt. Um diese bezahlen zu können, musste ich unser Haus und meinen Schmuck verkaufen. Den Rest habe ich über die Jahre abgestottert“, erzählt sie. Seit einigen Jahren ist sie nun schuldenfrei, kann allerdings keine großen Sprünge machen. Umso mehr freut sie sich, dass sie von ihrem „Weihnachtsgeschenk“ auch ihren drei Urenkelinnen etwas kaufen kann. trs

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