Gründung der Bahnhofsmission 1945 Rat und Hilfe an Gleis 1

BONN · Nicht nur für Reisende ist die Bahnhofsmission auf Gleis 1 ein Segen. Auch vielen Obdachlosen, Sucht- oder psychisch Kranken helfen die ehrenamtlichen Mitarbeiter bei Fragen, Sorgen, großen und kleineren Nöten. Im Dezember feiert die Bonner Bahnhofsmission ihren 70. Geburtstag.

Auf eine Tasse Kaffee und ein Gespräch.

Auf eine Tasse Kaffee und ein Gespräch.

Foto: Werner Krüper

Die Geschichte der Bonner Bahnhofsmission beginnt im Jahr 1945. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stellen Mitglieder der Münsterpfarrei Zelte auf der Hofgartenwiese auf und betreuen dort obdachlose Kriegsheimkehrer und Verletzte notdürftig. In den Jahren danach ist der Bahnhof und damit auch die Bahnhofsmission die erste Anlaufstelle für Menschen, die in Bonn nach Angehörigen oder Bekannten suchen.

1949 bezieht die Bahnhofsmission ihr neues Domizil auf dem Gleis 1 neben dem Bahnwärterhäuschen. Die Bundesbahn stellt zwei Räume zur Verfügung - ein Aufenthaltsraum, in dem Kaffee gekocht wird und Brote mit Marmelade zubereitet werden, und ein zweiter Raum, in dem sich die Ankömmlinge waschen und rasieren können. Mitte der 1980er Jahre bekommt die Bahnhofsmission dann noch einen Büroraum dazu.

1955 feiert die Bahnhofsmission ihren zehnten Geburtstag unter dem Motto "Ein bisschen Brot und viel Erbarmen". Die "Mutter" der Bahnhofsmission, Äbtissin von Alversleben-Hannover, sowie Prinz Oskar von Preußen gehören damals zu den Ehrengästen und gratulieren den sechs Bonner Helfern, die in der Bahnhofsmission schon eine Dekade ihren Dienst versehen. Dass dies auch nach 70 Jahren gilt, ist den mehr als 30 Ehrenamtlichen und den Trägern der Bonner Einrichtung zu danken, dem Diakonischen Werk und der Caritas.

Die Mitarbeiter helfen Reisenden beim Ein-, Aus- und Umsteigen. Das können Menschen mit Behinderung sein, aber auch Mütter mit kleinen Kindern. Ein Anruf unter 02 28/63 20 35 am Tag zuvor genügt - und die Helfer stehen bei der Abfahrt oder Ankunft am Zug und packen mit an. Es gibt einen Wickeltisch und eine Behindertentoilette sowie stets einen Kaffee und ein Gespräch.

Die Bahnhofsmission in Deutschland entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts, als mit der Industrialisierung viele unerfahrene Mädchen und Frauen vom Lande in die großen Städte kamen - auf der Suche nach Arbeit, Glück und Freiheit.

Doch ihre Hilflosigkeit wurde gnadenlos ausgenutzt - zum Beispiel von skrupellosen Mädchenhändlern. Um gegen Ausbeutung in Haushalten vorzugehen und die Mädchen zu schützen, gründeten 32 Frauen aus sieben Ländern im Jahr 1893 den "Verein der Freundinnen junger Mädchen". 1894 schickte der evangelische Pastor Johannes Burghard in Berlin die ersten ehrenamtlichen Helferinnen mit den weißen Armbinden auf die Bahnhöfe. Sein Credo: "Die Hilfe muss am Bahnhof beginnen." 1910 gründeten evangelische, jüdische und katholische Frauen die erste ökumenische Bahnhofsmission.

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