Bauvorhaben in Bad Neuenahr Der Verwaltung der Kreisstadt missfallen die Pläne für das Vornberger-Gelände

BAD NEUENAHR-AHRWEILER · Ein Architekturbüro plant die Ansiedlung von Einzelhandel und Wohneinheiten, inklusive Parkplätzen, auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses. Im Rathaus der Kreisstadt ist man mit den aktuellen Plänen nicht einverstanden: Die Verkehrssituation sei noch nicht ausreichend geklärt und ein Abzug der Kaufkraft von aktuellen Standorten wird befürchtet. Eine sogenannte Veränderungssperre könnte das Projekt bald stoppen.

 In einer aktuellen Planung für das Vornberger-Gelände befindet sich in direkter Nachbarschaft zur Villa ein Baukörper mit bis zu fünf Geschossen.

In einer aktuellen Planung für das Vornberger-Gelände befindet sich in direkter Nachbarschaft zur Villa ein Baukörper mit bis zu fünf Geschossen.

Foto: Thomas Weber

Der Bau- und Planungsausschuss der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler hat Planungen eines Projektentwicklers aus der Grafschaft zur Errichtung von Wohnungen und Einzelhandelsflächen auf dem Gelände des einstigen Autohauses Vornberger erst einmal einen Riegel vorgeschoben und ohne jegliche Diskussionen die Empfehlung an den Stadtrat ausgesprochen, das Gelände mit einer Veränderungssperre zu versehen. Der Beschluss fiel einstimmig bei einer Enthaltung von Ursula Koll (SPD).

Mit gleichem Abstimmungsergebnis wurde das im März 2016 eingeleitete Bebauungsplanverfahren für das Vornberger-Gelände eingestellt. Auch hier kam es zu keinen großen Beratungen und Diskussionen. Mit der Verlagerung unter den Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“, durch Bürgermeister Guido Orthen (CDU) rutschte er in den nichtöffentlichen Teil.

Die Geschichte des sogenannten Vornberger-Geländes ist vielfältig. Im März 2016 beschloss der Stadtrat die Aufstellung des Bebauungsplans “Teilabschnitt Hauptstraße“ für den Bereich. Hier sollte aus stadtentwicklungspolitischer Sicht weiterhin Gewerbe angesiedelt sein. Eines der wenigen innenstadtnahen Entwicklungspotentiale sollte nicht allein dem Wohnungsbau preisgegeben werden, vielmehr war das Bestreben, Synergien zu den vorhanden Einzelhandelsbetrieben in der Nachbarschaft zu bilden. Noch im gleichen Jahr stellte ein Vollsortimenter eine Bauvoranfrage, verfolgte diese aber nicht weiter und zog die Anfrage später zurück. 2017 gab es dann Planungen zur Ansiedlung eines Elektronik-, eines Getränke-, eines Drogeriemarkts und gastronomischer Nutzungen, dazu sollten Mietwohnungen errichtet werden. Die Idee des Elektronikmarkts wurde später wieder verworfen, bald darauf wurde das gesamte Konzept aufgegeen. Immer wieder gab es Interessenten, beratungsreife Planungen ergaben sich aber nicht.

Im November 2020 nahm die 4 L Projekt GmbH aus der Grafschaft Kontakt mit der Verwaltung zur Vorstellung eines Entwicklungskonzepts auf. Anfang 2021 wurde im Rathaus eine Planung mit dem Ziel der Ansiedlung unterschiedlicher gewerblicher Nutzungen im Einzelhandel vorgelegt, was ein wesentliches städtebauliches Ziel für den Bereich erfülle. Zudem sollte durch die Schaffung von Mietwohnungen der Bedarf innenstadtnah gedeckt werden. Es ist ein großes Projekt der Grafschafter, dass im Stadtrat und in der Verwaltung mit einiger Skepsis gesehen wird, obwohl sich das Konzept in mehreren Punkten mit den städtebaulichen Zielen der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler deckt.

Die Projektentwickler planen den Bau eines kompletten Nahversorgungszentrums, dazu neue Wohnungen aller Preissektoren. Demnach gebe es Interesse des Discounters Aldi-Süd. Auch die Drogeriekette DM habe Interesse signalisiert, weitere Einzelhandelsgeschäfte seien geplant, darunter auch Textil- oder Schuhfachmärkte. Insgesamt sollen rund 4 000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen, dazu mehr als 100 neue Wohneinheiten. Parkraum ist in zwei Tiefgaragen geplant.

Die Stadt hat dem Projektentwickler bereits ihre Vorbehalte gegen Teile der Planung vorgebracht: So würden durch die Schaffung von 4 000 Quadratmetern Verkaufsfläche etwa 20 Prozent der Gesamtverkaufsfläche des zentralen Versorgungsbereichs des Stadtteils Bad Neuenahr neu geschaffen, was zweifelsfrei zu Verschiebungen und Kaufkraftabflüssen führe. Man befürchte ein „Ausbluten“ von Post- und Telegrafenstraße. Auch bringe zusätzlicher Wohnraum, den die Stadt aus entwicklungspolitischen Gesichtspunkten grundsätzlich begrüßt, Spannungen mit sich. So würde der ohnehin hohe Bedarf an Kindergarten- und Schulplätzen weiter erhöht. Analog der städtebaulichen Entwicklung an der St. Pius-Straße könne sich die Stadt die Schaffung einer Kindertagesstätte im Projektbereich vorstellen.

Es sollen Gebäude entstehen, die an der Hauptstraße bis zu fünf Stockwerke hoch werden. Hier wird eine überdimensionierte Wirkung auf angrenzende Villen, die teilweise unter Denkmalschutz stehen, befürchtet. Auch die Verkehrssituation müsse noch geklärt werden: Immerhin sollen 358 Stellplätze geschaffen werden, was zu spürbaren Auswirkungen auf die Haupt- und Rathausstraße führe. Von der Hauptstraße aus ist nur eine einfache Zufahrt geplant, zudem sieht das Projekt keine Linksabbiegespur vor.

Es liegt also in den Augen der Verwaltung noch ein großer Beratungs- und Änderungsbedarf hinsichtlich der Planungen der 4 L GmbH vor. Dennoch hat der Projektentwickler nun Bauanträge für die beiden ersten Häuser gestellt und damit Fakten geschaffen. Für die Verwaltung ist der Beschluss einer Veränderungssperre, über die der Stadtrat am 8. Juli entscheidet, quasi die Antwort auf die Bauanträge und die ungelösten Fragen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Keine Alternative
Kommentar zur Spendenaffäre der AfD Keine Alternative