Kommentar zu 75 Jahre Vereinte Nationen Vor der Hölle bewahren

Trotz ihrer Unzulänglichkeiten bleiben die UN der einzige weltumspannende Staatenbund, in dem über nahezu alle Herausforderungen debattiert und entschieden werden kann. Doch Egotrips Einzelner gefährden die UN stark. Reformen wären wichtig.

 Die berühmte Pistolen-Skulptur vor dem UN-Gebäude - oft werden die Vereinten Nationen dessen Anspruch nicht gerecht.

Die berühmte Pistolen-Skulptur vor dem UN-Gebäude - oft werden die Vereinten Nationen dessen Anspruch nicht gerecht.

Foto: AP/Mary Altaffer

Die Vereinten Nationen seien nicht geschaffen worden, „um die Menschheit in den Himmel zu bringen, sondern sie vor der Hölle zu bewahren“. Der zweite Generalsekretär der Vereinten Nationen, Dag Hammarskjöld, prägte damit einen der meistzitierten Sätze der Organisation.

Auch 75 Jahre nach der Gründung  gilt der von Hammarskjöld formulierte Auftrag. Trotz ihrer Unzulänglichkeiten und Fehler bleiben die UN der einzige weltumspannende Staatenbund, in dem über nahezu alle Herausforderungen des Planeten debattiert und entschieden werden kann: Vom Klimawandel über Covid-19, Armut, Hochrüstung, bewaffnete Konflikte bis hin zu den Flüchtlingsströmen.

Die Vereinten Nationen können einiges bewirken, um die Weltbevölkerung nicht in eine verheerende existenzielle Krise schlittern zu lassen. Um das sicherzustellen und um zu garantieren, dass die UN in 75 Jahren überhaupt noch existieren werden, müssen sich mehr Mitgliedsländer als bisher konstruktiv engagieren.

Deutschland und Frankreich zeigen mit ihrer „Allianz für den Multilateralismus“ die Richtung an. Allein die Tatsache, dass sich etliche Länder zu einer engen internationalen Abstimmung und Kooperation bekennen, ist schon beachtenswert. Am besten wäre es natürlich die „Allianz für den Multilateralismus“ überflüssig zu machen. Dann müssten aber alle 193 Mitglieder der UN zumindest bei den großen weltumspannenden Krisen an einem Strang ziehen. Das tun sie nicht. Noch verfolgen ausgerechnet die USA, das nach wie vor mächtigste Land der Welt, sture nationale Alleingänge. Die Großmächte China und Russland gebärden sich nicht besser.

Die Egotrips gefährden die UN umso mehr, als die drei im UN-Sicherheitsrat alle Initiativen blockieren können. Davon machen sie immer wieder eiskalt Gebrauch, wie etwa die Russen im Syrien-Krieg. Deshalb sollten Deutschland und andere Mitstreiter auch bei der Forderung nach einer Reform des Sicherheitsrates nicht lockerlassen. Noch spiegelt der Sicherheitsrat die internationale Machtverteilung aus dem Gründungsjahr der UN, 1945, wider. Schnell wird sich das nicht ändern. Doch Befürworter einer Modernisierung müssen das Thema am Kochen halten. Ein Sicherheitsrat, der die globalen Realitäten besser abbildet, kann auch besser dazu beitragen, die Menschheit vor der Hölle zu bewahren.

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