Beethovenfest-Konzerte in Bonn So wird aus dem WCCB ein Festspielhaus

Bonn · Das WCCB verwandelt sich für das Beethovenfest vom 8. September bis zum 1. Oktober in ein Festspielhaus. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.

 Michael Tänzer ist der Leiter der Beethovenhalle und zuständig für den Ausweichspielort.

Michael Tänzer ist der Leiter der Beethovenhalle und zuständig für den Ausweichspielort.

Foto: Benjamin Westhoff

Wenn die Besucher am 8. September durch das lichtdurchflutete Foyer zum Eröffnungskonzert strömen, sollen sie nicht merken, dass sie sich an einem Ort befinden, an dem sonst Politiker über Klimaverträge oder Medienvertreter über Pressefreiheit diskutieren. Für das Beethovenfest wird sich das World Conference Center Bonn (WCCB) von einem modernen Kongressgebäude in eine Konzertspielstätte verwandeln. Damit diese Metamorphose gelingt, braucht es ein 15-köpfiges Team – und vier Tage Umbauarbeiten.

Es ist Freitagmorgen Ende Juni. Bis zum Beethovenfest bleiben noch knapp zehn Wochen. Für das Freitagskonzert des Beethoven Orchesters wird der Umbau bereits im Kleinen vollzogen. 1200 Stühle stehen aufgereiht im Saal „New York“. Nach dem Konzert am Sonntagabend wird alles wieder zurückgebaut – bis in der ersten Septemberwoche der eigentliche Festivalaufbau startet.

Segel sollen den Schall transportieren

Das Kongressgebäude wird zu einer Konzertspielstätte
7 Bilder

Das Kongressgebäude wird zu einer Konzertspielstätte

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„Das WCCB ist ursprünglich nicht für Konzerte konzipiert“, sagt Michael Tänzer, Leiter der Beethovenhalle und zuständig für den Ausweichspielort. Für die richtige Akustik wird daher ein sogenanntes „Konzertzimmer“ errichtet – ein gigantischer Kubus, der die Bühne umrahmt. Platte für Platte setzen die Bühnentechniker den 24 Meter breiten und 16 Meter tiefen Aufbau vom Boden bis zur Deckenkonstruktion zusammen. Gewölbte Segel unter der Decke sollen den Schall in den Saal und zu den Musikern auf die Bühne transportieren. Bei einem Feueralarm schwenken die Lamellen zur Seite, um die Sprinkleranlage freizugeben.

Mehr als zwölf Tonnen ist das fertige Gesamtgebilde schwer – hinzukommen 22 Tonnen an Scheinwerfern und Motoren. In Auftrag gegeben hat es die Stadt Bonn für den Zeitraum, bis die Sanierung der Beethovenhalle abgeschlossen ist. Kosten der Anlage: insgesamt mehr als zwei Millionen Euro. Im Anschluss soll das Konzertzimmer in die Oper umziehen und dort genutzt werden. Das Beethoven Orchester wird ab der kommenden Saison die Oper als Ersatzspielstätte nutzen.

Platz für 1400 Zuhörer

„Das WCCB ist eine Interimsspielstätte, aber dafür sehr gut“, sagt Tänzer. Die Wandlungsfähigkeit des modernen Kongressgebäudes spielt den Organisatoren in die Hände: Die Fußböden lassen sich auf verschiedene Niveaus anheben und die Raumgröße durch bewegliche Wände variieren. Damit erwartet den Besucher ein Saal mit ansteigenden Stuhlreihen – einen Vorzug, den Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner an der Spielstätte lobt. Für die Konzerte im September wird das Sitzplatzkontingent um weitere 200 Stühle aufgestockt. Bis zu 1400 Zuhörer werden dann im Saal „New York“ im Parkett und auf der Empore Platz nehmen. In den Dolmetscherkabinen können Fernseh- und Radiomoderatoren ihre Arbeitsplätze für die Übertragung einrichten.

Nur wenige Meter hinter der Bühne rauschen Lastwagen vorbei. Dank meterdicken Wänden ist von dem Lärm der An- und Ablieferung nichts zu hören. Über eine Doppeltür ist der Bühnenbereich mit der Ladezone an der Karl-Carstens-Straße verbunden. Zwei Lastwagen haben hier nebeneinander Platz, um Stühle, Bühnenelemente und Instrumente in den Saal zu befördern. „Das ist für jeden Orchesterwart ein Geschenk“, sagt Thomas Friedland, Betriebsleiter des Beethovenfestes. „Es gibt hier so viele Räume, die akustisch autark sind“, sagt er weiter. So können auch zwei Veranstaltungen parallel ablaufen – wie am 15. September: Während im großen Konzertsaal das Ensemble Opera Fuoco die Leonoren-Ouvertüre präsentieren wird, findet zeitgleich im benachbarten Saal „Genf“ die Uraufführung „Ghost Trio“ der Bonner CocoonDance Company statt. Eine Etage tiefer, auf der Rheinebene, haben Solisten und Orchester die Möglichkeit zu proben.

Sicherheit steht im Vordergrund

Per Aufzug geht es in den zweiten Stock zu den Aufenthaltsräumen der Künstler. Die hellen Räume sind mit Schließfächern, Waschräumen und Sitzgelegenheiten ausgestattet. In den Solisten- und Dirigentenzimmern stehen royalblaue Sofas. Per digitaler Schlüsselkarte kann für jeden Künstler individuell der Zugangsweg durch die vielen Gänge festgelegt werden. Per Lautsprecher kann der Inspizient Anweisungen auf alle Etagen durchgeben.

Noch ein paar Meter weiter oben, rund 14 Meter über den Sitzreihen im Saal, laufen die Arbeitsgalerien entlang. 120 Kilogramm schwere Motoren werden hier für die Beleuchtung per Hand in die Kettenhalterung eingehangen. Erst dann wird die Traverse mechanisch an die richtige Position gefahren. Gigantische Lichtkuppeln aus LEDs liefern indirektes Licht. Alle Aufbauarbeiten erfolgen unter genauen Sicherheitsvorgaben. „Es muss immer ein verantwortlicher Meister anwesend sein“, erklärt Tänzer. Die Verwandlung vom Kongressgebäude zum Konzerthaus werden schließlich zwei Garderoben, Abendkasse und die Dekoration in den Farben des Beethovenfestes komplettieren. „Damit der Wiedererkennungseffekt für die Besucher da ist“, erklärt Barbara Dallheimer, Pressesprecherin des Beethovenfestes.

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