Ausstellung im Frauenmuseum Von den Barrikaden in den Bundestag

BONN · Auf die Barrikaden sind sie gegangen, haben ihren Kampf mit der Feder ausgetragen und die Arbeit ihrer Männer im Untergrund fortgeführt.

Aber als Ferdinand Lassalle im Mai 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein gründete, 1869 die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei durch August Bebel und Wilhelm Liebknecht folgte und beide 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands vereinigt wurden, schien die Vorstellung, dass Frauen wählen und gewählt werden könnten, utopisch, wenn nicht absurd.

Genau an diesem Punkt setzt die Ausstellung "Schwestern zur Sonne zur Gleichheit - Geschichte der SPD-Frauenpolitik" an, die jetzt bis zum 21. Juli im Frauenmuseum Bonn zu sehen ist und die mit Text-Bild-Elementen, historischen Plakaten sowie Karikaturen, Autogrammkarten und weiteren Erinnerungsstücken illustriert, wofür sich Frauen wie Rosa Luxemburg und die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt Marie Juchacz, die Widerstandskämpferin Johanna Kirchner und die Juristin Elisabeth Selbert sowie später auch Ministerin Martha Fuchs, die Oberbürgermeisterin Louise Schroeder, die Präsidentin des Bundestags Annemarie Renger, die Ministerpräsidentin Heide Simonis und Jutta Limbach, erste Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, stark gemacht haben.

Und dass es - um es an dieser Stelle halb feministisch und halb martialisch zu formulieren - durch die Jahrzehnte ein Kampf an zwei Fronten gewesen ist: für die sozialdemokratischen Ziele einerseits und oft genug auch gegen die üblichen Vorurteile in den eigenen Reihen. Dass die Genossinnen in Wahlkreisen antraten, die die männliche Parteispitze längst verloren gegeben hatte, dass sie mit Ressorts wie Gesundheit, Familie und Jugend "abgespeist" werden sollten, wird ebenso veranschaulicht wie der engagierte Kampf gegen den Abtreibungsparagrafen 218 und für mehr soziale Gerechtigkeit. Um das, was einmal herablassend zugeteilt worden war, zur Kernkompetenz zu machen.

Ergänzt werden die Texte und Exponate durch bildende Kunst. Dazu gehören die Porträts renommierter SPD-Frauen von Maria Giménez und Angelika von Stocki, die zehn 1,20 Meter hohen, gedrungenen Figuren in Tina Schwichtenbergs "Rotem Frauensalon" sowie Marianne Pitzens Skulpturen aus Zeitungspapier von Johanna Kinkel. Ulla Schenkel zeigt einen eigens für die Ausstellung produzierten Wandteppich, und der Künstler Eugen Schramm schickt die Frauen in Lack und Holz wieder auf die Barrikaden. Dort, wo 1848 auch die Sozialdemokratie ihren Anfang nahm.

Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm mit Margarethe von Trottas Film "Rosa Luxemburg" am 14. Juni (18 Uhr), der Podiumsdiskussion "Wann bekommen wir die Frauenquoten in der Wirtschaft?" am 11. Juli (18 Uhr) und der Aktion "Johanna Kinkel und Rosa Luxemburg - Wir formen Frauenfiguren aus Pappmaché" 18. Juli (15.30-18 Uhr).

Den Katalog zur Ausstellung gibt es im Frauenmuseum.

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