Untersuchungskomitee zum 6. Januar Kongress-Sturm soll von langer Hand geplant sein

Washington · Donald Trump soll versucht haben, die Arbeit des Untersuchungskomitees zum 6. Januar zu behindern. Das Justizministerium ermittelt wegen Zeugenbeeinflussung.

 Während des Untersuchungsausschusses des Repräsentantenhauses wird ein Video des damaligen US-Präsidenten Donald Trump gezeigt.

Während des Untersuchungsausschusses des Repräsentantenhauses wird ein Video des damaligen US-Präsidenten Donald Trump gezeigt.

Foto: dpa/J. Scott Applewhite

Die öffentlichen Anhörungen zu dem versuchten Coup am 6. Januar gehen dem Ex-Präsidenten Donald Trump unter die Haut. So sehr, dass er nach Darstellung der republikanischen Co-Vorsitzenden des Untersuchungskomitees, Liz Cheney, versuchte, den Auftritt eines Zeugen bei der letzten Sitzung am kommenden Donnerstag zu verhindern. Die Republikanerin ließ offen, wer kommende Woche auftreten wird, wenn das Komitee ein Ausrufezeichen hinter die Ergebnisse seiner Ermittlungen setzen will.

Analysten glauben, dass die vierstündige Präsentation vom Dienstag nur noch schwer zu übertreffen sein wird. Darin hatte das Komitee eine erdrückende Menge an Indizien vorgestellt, die belegen, dass der Sturm auf den Kongress nicht das Ergebnis eines außer Kontrolle geratenen Protests, sondern von langer Hand geplant war.

Komitee zeigt, wie Trumps Worte zu Taten wurden

Trumps ehemaliger Wahlkampfchef Brad Parscale macht sich in einer internen Textnachricht an die Präsidenten-Beraterin Katrina Pierson Vorwürfe über die Eskalation der Gewalt am 6. Januar. „Ein amtierender Präsident ruft zum Bürgerkrieg auf“, empört sich Parscale in der SMS. „Ich fühle mich schuldig, ihm ins Amt verholfen zu haben.“ Pierson bietet ihm eine Ausrede an. Trumps Rhetorik habe mit den Toten und Verletzten nichts zu tun.

Das Komitee zeigte in seiner siebten Sitzung im Detail, wie Trumps Worte zu Taten wurden. Dafür nahmen die Ermittler die Zuschauer zurück zum 14. Dezember 2020, als die Wahlleute in allen 50 Bundesstaaten Joe Biden zum Sieger der Wahl erklärt hatten. In einer aus den Interviews mit vorgeladenen Zeugen zusammengestellten Collage sagt einer nach dem anderen aus, sie hätten versucht, Trump beizubringen, dass es keinen Wahlbetrug gab und er verloren hatte. Der Reigen reicht von Justizminister William Barr über Arbeitsminister Eugene Scalia, Sprecherin Kayleigh McEnany, Tochter Ivanka bis hin zum Justiziar des Weißen Hauses Pat Cipollone. Dem gegenüber stand „Team Crazy“ um Trumps Privatanwälte Rudi Giuliani und Sidney Powell, die sich am 18. Dezember im Oval Office einfanden.

Neben den beiden Hausanwälten hatten sich der ehemalige nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und der Geschäftsmann Patrick Byrne eingefunden. Diese versuchten, Trump den Plan zu verkaufen, Wahlautomaten durch das Militär beschlagnahmen zu lassen, einen Sonderbeauftragten zu benennen und Personen anzuklagen.

Mitarbeiter im Weißen Haus und Trump-Vertraute brüllten sich an

Justiziar Cipollone, dessen Stellvertreter Eric Herschmann und der Sekretär im Weißen Haus Derek Lyons brüllten sich mit Trumps Vertrauten so laut an, dass dies außerhalb des Oval Office zu hören war. Das Treffen habe sich bis in die Nacht hingezogen und sich in die Privatgemächer verlagert. In derselben Nacht verschickte Trump um 1.42 Uhr seinen berüchtigten Tweet, in dem er zu einer Demonstration in Washington am 6. Januar aufrief. „Es wird wild“, kündigte er an.

Stephen Ayres fühlte sich angesprochen. „Ich dachte, da muss ich dabei sein“, erzählt der „Super-Fan“ aus Ohio reumütig dem Komitee. „Ich hatte Scheuklappen auf.“ Als einer von 900 Angeklagten erwartet er im September das Urteil wegen seiner Teilnahme an dem Sturm auf den US-Kongress.

Trumps Ex-Chefstratege Steve Bannon sagte zuvor: In Washington wird die Hölle los sein

Das Komitee präsentierte den Entwurf eines Tweets des Präsidenten, der belegt, dass der Sturm auf den Kongress geplant war. Darauf lassen auch die Aufrufe von Aktivisten wie Ali Alexander, Alex Jones oder Tim Pool im Vorfeld des 6. Januar keinen Zweifel. Nach einem Telefonat mit Trump am Vorabend des Coups, sagt dessen früherer Chefstratege Steve Bannon kurz darauf in seinem Podcast, in Washington werde „die Hölle los sein“.

Die Koordinierung mit den Rechtsextremen „Proud Boys“ und „Oathkeepers“ fiel nach Erkenntnissen des Komitees Trump-Intimus Roger Stone zu. Auch die verstanden genau, was Trump mit „es wird wild“ meinte. Laut Komitee gab es Vorbereitungen auf die gewaltsame „Erstürmung des Kapitols“. Der ausgestiegene Ex-Sprecher der „Oathkeepers“, Van Tatenhove, sagte im Zeugenstand, die Milizen hätten auf diesen Moment gewartet. „Wir hatten enormes Glück, dass es nicht zu noch mehr Blutvergießen kam.“

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