Aufarbeitung der Flutkatastrophe Neue Einzelheiten zu Ablauf bei Polizei-Videos zur Ahr-Flut

Koblenz/Bonn · Nach dem Auftauchen zweier Videos aus der Flut-Nacht an der Ahr sind nun neue Einzelheiten bekannt geworden. Die Analyse des Videomaterials wird der Staatsanwaltschaft zufolge noch Zeit in Anspruch nehmen.

 In Bad Neuenahr-Ahrweiler sind während der Flut die meisten Menschen ums Leben gekommen - ein Bild vom 19. August vorigen Jahres.

In Bad Neuenahr-Ahrweiler sind während der Flut die meisten Menschen ums Leben gekommen - ein Bild vom 19. August vorigen Jahres.

Foto: Martin Gausmann

Nach den überraschend aufgetauchten Videos eines Polizei-Hubschraubers aus der Ahr-Flutnacht hat die Staatsanwaltschaft Koblenz die Erwartung gedämpft, dass sich daraus rasch neue Erkenntnisse für die Öffentlichkeit ergeben könnten. Es sei in den kommenden Tagen eher nicht mit Ergebnissen der Analyse dieser Filme zu rechnen, teilte die Behörde am Mittwoch mit.

Die in den Video-Aufnahmen dokumentierten einzelnen Ereignisse in der tödlichen Flutnacht im Juli 2021 müssten örtlich und zeitlich mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen abgeglichen werden. „Ich weiß nicht, wie lange das dauert“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die ermittelnde Polizeidienststelle sei hier das Landeskriminalamt (LKA).

Die Stabsstelle der Landesregierung für den Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe teilte am Mittwoch weitere Einzelheiten zu den Polizei-Videos mit. Demnach übergab das Innenministerium den USB-Stick mit insgesamt sieben Videos am Montag voriger Woche dem Landtag. Einen Tag später sei das Material den Mitgliedern des Ausschusses bekannt gemacht worden, sagte Finanzstaatssekretär Stephan Weinberg (SPD), der Beauftragte der Landesregierung für den Untersuchungsausschuss.

Öffentlichkeit war für die Zeit der Vorführung ausgesperrt

Die Einschätzung, dass die beiden am Freitag im Ausschuss gezeigten Videos vertraulich sind, stamme aus dem Innenministerium. Der Staatssekretär erklärte, er folge in der Regel der Einschätzung des jeweiligen Ministeriums. Er selbst habe die Videos auch erst am Freitag in der Sitzung gesehen. Das hatte auch Innenminister Roger Lewentz (SPD) erklärt, der an diesem Tag befragt worden war. Wer im Innenministerium die Videos sah und als vertraulich einstufte, wurde nicht bekannt.Die Öffentlichkeit war für die Zeit der Vorführung ausgesperrt worden.

Die Videos sollen dem Vernehmen nach bedrückende Szenen von Menschen in höchster Not zeigen, und zwar schon zwischen ungefähr 22.15 und 22.45 Uhr in der Flutnacht. Viele der mindestens 134 Todesopfer im Ahrtal starben am Unterlauf des Flusses erst später in der Nacht – mit früheren Warnungen hätten womöglich Menschenleben gerettet werden können. Konkret sind die beiden gezeigten Videos auf die Zeiten von 22.15 bis 22.30 Uhr sowie von 22.37 bis 22.42 Uhr datiert. Die Staatsanwaltschaft Koblenz erhielt nach eigenen Angaben an diesem Mittwoch die sieben Filme.

Aus welchen Zeiträumen die Videos Nummer drei bis sieben stammen, konnte die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Die Aufnahmen wiesen zwar Zeitstempel auf, teilte ein Sprecher mit. Zu der Validität der Zeitangaben und deren Übereinstimmung mit den beim Untersuchungsausschuss gezeigten oder sonst dort vorliegenden Aufnahmen könnten aber noch keine näheren Aussagen getroffen werden. Das Ende des letzten Videos datiert die Ermittlungsbehörde „nach derzeitigem Kenntnisstand“ auf 6.09 Uhr.

Die Staatsanwaltschaft will Auftrag, Entstehung, Kenntnisnahmen, Auswertung und Verbleib der Videos klären und möglicherweise die Helikopterpiloten vernehmen. Zudem soll geklärt werden, von welchen Bereichen des Ahrtals die Aufnahmen gemacht wurden. Wie viele Beamte an der Auswertung beteiligt sein werden, sei derzeit noch nicht sicher zu prognostizieren, teilten die Ermittler mit. Dies hänge „von etwaigen Zwischenergebnissen“ ab und je nachdem, welche gegebenenfalls weiter klärungsbedürftigen Gesichtspunkte sich im Rahmen der Analysen ergeben, so die Staatsanwaltschaft.

Sie ermittelt weiterhin gegen den früheren Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) sowie den ehrenamtlichen Brand- und Kata­strophenschutzinspekteur des Kreises wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Für die Beschuldigten gelte weiter die Unschuldsvermutung, so der Sprecher.

(ga/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Helge Matthiesen

über die Zerstörung der
Ende eines Fehlers
Kommentar zu GaspipelinesEnde eines Fehlers
Lindner rückt von Gasumlage ab
Debatte in der Ampelkoalition Lindner rückt von Gasumlage ab