Das Ende der Schulkindergärten ist programmiert

An den Grundschulen in NRW wird ab dem Schuljahr 2005/2006 eine flexible Eingangsphase eingeführt - Auch die Schulen im Siebengebirge werden sich auf etliche Neuerungen einstellen müssen

  Der Schulkindergarten in Selhof  gehört bald der Vergangenheit an. Veränderungen in der Schuleingangsstufe sind nämlich geplant.

Der Schulkindergarten in Selhof gehört bald der Vergangenheit an. Veränderungen in der Schuleingangsstufe sind nämlich geplant.

Foto: Frank Homann

Siebengebirge. (fat) Eine flexible Eingangsphase wird ab dem Schuljahr 2005/2006 an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Das Aus kommt hingegen für Schulkindergärten. Die Pläne der rot-grünen Landesregierung hat der Landtag abgesegnet, die Schulen im Siebengebirge werden sich also auf etliche Neuerungen einstellen müssen.

Kern der Neuerung: Kein Kind soll mehr zurückgestellt werden, die Eingangsphase in die Schule wird flexibel. Die ersten beiden Schuljahre könnte ein besonders gut entwickeltes Kind in einem Jahr überbrücken, Kinder mit Entwicklungsbedarf könnten bis zu drei Jahre in der Eingangsphase verbleiben. Ziel ist eine stärkere Individualisierung von Lehre und Förderung der kleinen Menschen.

Irene Glaser-Aßmann, Vorsitzender der Königswinterer Schulpflegschaft, begrüßt die Neuerung: "Das ist von der Elternschaft gefordert worden. Die Flexibilisierung ist pädagogisch sinnvoll."

Grundsätzlich findet auch Cornelia Huhn, Leiterin der Ittenbacher Grundschule, diesen Ansatz richtig: "Meine Beobachtung: Druckfreies Lernen in angenehmer Atmosphäre ist für die Entwicklung der Kinder förderlich." In ihrer Schule wird die flexible Eingangsstufe bereits im Schuljahr 2004/2005 eingeführt, wie die Schulkonferenz beschloss. Das Argument: Die flexible Stufe an der Grundschule könne gerade der Lernatmosphäre und individuellen Förderung dienlich sein - wenn sie denn sachgerecht eingeführt wird.

Individuelle Beobachtung und Förderung sind die wichtigen Zielwerte. Sicher ist auch: Die Anforderungen an die Lehrerkollegien steigen. "Wie wir das leisten, fragt keiner", so Huhn.

Mit Beginn der flexiblen Eingangsphase 2005/2006 werden die Schulkindergärten in ganz Nordrhein-Westfalen abgeschafft. In Bad Honnef sieht der Vorsitzende des Stadtelternrats, Klaus-Peter Meinertz, darin "nicht das große Thema". Aber: "Es verschwindet ein Angebot vom Markt, das hilfreich war." Honnefs einziges Angebot in diesem Sinne ist der Schulkindergarten an der Selhofer Martinusschule. Hier befinden sich zurzeit elf Kinder in Betreuung der Sozialpädagogin Margarethe Stümper, der Einzugsbereich ist ganz Bad Honnef mit seinen fünf Grundschulen.

Wie die flexible Eingangsphase funktionieren wird, ist ihr noch nicht erklärt worden. Denn die flexible Eingangsphase würde es an allen Schulen geben - wer aber beobachtet die Schüler in ihrer Entwicklung? Die Sozialpädagogin wird schwerlich an allen Honnefer Grundschulen gleichzeitig eingesetzt werden können. Konkret kann man sich diese individuellere Förderung also noch nicht vorstellen. Stümper: "Das Konzept wird zurzeit noch in Düsseldorf detailliert erarbeitet."

Klaus-Peter Meinertz kennt die Kritik der Lehrer an der neuen Lösung, und er kann sie "teilweise nachvollziehen": Sie werden stärker mit der individuellen Förderung beansprucht, müssen mehr auf die Kindesentwicklung achten als bisher. Das gilt besonders bei Kindern, die heute in der Grundschule zurückgestellt werden. Das Motiv der Landesregierung für das Ende der Schulkindergärten erklärt Meinertz mit der Frage: "Wie sammeln wir Geld ein, das wir für andere Bereiche brauchen" - namentlich für die offene Ganztagsschule mit ihren neuen Betreuungsangeboten.

Wie werden die flexiblen Eingangsphasen an Grundschulen mit Personal ausgestattet? Welche Rolle spielt die sozialpädagogische Begleitung? Fragen wie diese bewegen nun die Grundschulleiter im ganzen Land. Rita Schonauer von der Longenburgschule in Niederdollendorf möchte zu den Veränderungen noch keinen Kommentar abgeben: "Wir arbeiten an dem Thema - schauen, was auf uns zukommen könnte." Die Longenburgschule hat den einzigen Schulkindergarten von Königswinter mit zurzeit 18 Kindern. "Die Kinder werden hier sehr gut gefördert - der Schulkindergarten ist ein Segen." Bald wird es jedoch ohne ihn gehen müssen. Schonauer: "Das Prinzip der flexiblen Neuerung ist gut. Aber uns müssen dann auch die Ressourcen zur Verfügung stehen."

Genau diese Bedenken trägt auch Königswinters Schuldezernent Hans Peter Giesen in sich: "Nach den Verlautbarungen sollen die Sozialpädagogen aus den bisherigen Schulkindergärten auf die Grundschulen verteilt werden." Neue Finanzströme aus Düsseldorf für zusätzliche Stellen seien reichlich unwahrscheinlich. Giesen: "Man muss sich mal vorstellen, wie man unsere Sozialpädagogin auf sieben Grundschulen aufteilt...."

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