Fluglärm-Gutachter kündigt Vertrag

im ersten Satz seines Schreibens an Landrat Frithjof Kühn kommt der Gutachter zur Sache: "Zu meinem größten Bedauern sehe ich mich gezwungen, den mit dem Rhein-Sieg-Kreis geschlossenen Werkvertrag zu kündigen", schrieb Professor Eberhard Greiser.

Fluglärm-Gutachter kündigt Vertrag
Foto: Holger Arndt

Siegburg. Gleich im ersten Satz seines Schreibens an Landrat Frithjof Kühn kommt der Gutachter zur Sache: "Zu meinem größten Bedauern sehe ich mich gezwungen, den mit dem Rhein-Sieg-Kreis geschlossenen Werkvertrag zu kündigen", schrieb Professor Eberhard Greiser.

Greiser hatte den Auftrag bekommen, eine Fall-Kontroll-Studie zum Thema "Bösartige Neubildungen und Fluglärm" im Umkreis des Flughafens Köln-Bonn zu erstellen. Diese Krebs-Studie hatte er am 21. Dezember vorgelegt, doch der Kreis wollte noch "einige offene Fragen" beantwortet haben. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.

Komplett überrascht, so kann man die Reaktion von Landrat Kühn, Erich Klemme, Leiter des Kreisgesundheitsamtes und Sozialdezernent Hermann Allroggen auf einen Nenner bringen. Die drei gaben am Donnerstag kurzfristig eine Pressekonferenz im Kreishaus.

Als wesentlichen Grund hatte Greiser in seinem Schreiben auf "die von Seiten des Kreises induzierten vielfachen Verzögerungen der Abnahme des Abschlussberichtes" verwiesen. Aus Sicht des Kreises kann jedoch von Verzögerungen keine Rede sein. Nachdem die erste Version von Greiser am 21. Dezember fertig war, hatten die Experten der Kreisverwaltung noch Klärungsbedarf und artikulierten die offenen Fragen bei einem Expertengespräch mit Greiser und zwei weiteren Fachleuten am 2. Februar.

"Es war danach nicht die Frage, ob Herr Greiser weiter macht, sondern nur wie", betonte Allrogen. So traf Greiser die Aussage: "Für Frauen fanden sich erhöhte Erkrankungsrisiken für sämtliche bösartigen Neubildungen." Als Datenbasis dienten ihm 1 020 508 Versicherte von acht gesetzlichen Krankenkassen mit Hauptwohnsitz in Köln, dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis.

Bei weiterer Analyse habe sich gezeigt, "dass dieser Befund auf eine Erhöhung der Erkrankungsrisiken für Brustkrebs sowie für Non-Hodgkin-Lymphome und Leukämie zurückzuführen ist", so Greiser weiter. Das war Klemme zu undifferenziert: "Die Aussage ist nicht belegt worden." Zudem war ihm der Fokus zu stark auf Frauen gerichtet. Darum hatte er Greiser gebeten, "noch etwas zum Prostatakarzinom nachzuliefern."

Auch fand der Gesundheitsamtsleiter die Datenbasis unbefriedigend: "Krankenhausdaten sind Sekundärdaten, und die haben die Schwäche, dass sie nicht immer so sauber dokumentiert sind wie für eine Studie nötig." Ferner ist laut den Kreis-Experten nicht klar, wie lange die Menschen in einer Zone mit Fluglärm gelebt haben.

"Das sind alles wichtige Fragen, die geklärt werden müssen", so Allroggen. Jetzt will Kühn das Gutachten an die zuständigen Landes- und Bundesbehörden weitergeben. Und zwar versehen mit den Fragen des Kreises.

Für den Landrat ist "sachliche Aufklärung" umso mehr geboten, als auch noch die Studie des Umweltbundesamtes zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die zusammen mit der Studie des Kreises vorgelegt werden sollte, auf sich warten lässt: "Es ist nicht in Ordnung, die Ergebnisse einer solchen Studie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wenn nicht alle Fragen geklärt sind", so Kühn.

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