Großer Einsatz für ein menschliches Bonn

Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann ernennt ihren Vorgänger Hans Daniels zum Ehrenbürger - Unter den 200 Gästen im Gobelinsaal des Alten Rathauses waren viele frühere Wegbegleiter

  Das wohl schönste  Geburtstagsgeschenk macht Bärbel Dieckmann, als sie Hans Daniels die wertvolle Urkunde zur Ehrenbürgerschaft überreicht.

Das wohl schönste Geburtstagsgeschenk macht Bärbel Dieckmann, als sie Hans Daniels die wertvolle Urkunde zur Ehrenbürgerschaft überreicht.

Foto: Frommann

Bonn. Wie ein beständiger Hauch wehte die Erinnerung durch den Gobelinsaal des Alten Rathauses: Die Bundesgartenschau beschert Bonn den Rheinauenpark, die Stadt verliert den Kampf um die Beibehaltung des Regierungssitzes, und niemand steckt den Kopf in den Sand, als es darum geht, den Strukturwandel voranzutreiben.

Bei all diesen politischen Themen hat Hans Daniels mitgewirkt. Der vorletzte ehrenamtliche Oberbürgermeister - Nachfolgerin Bärbel Dieckmann wurde erst nach einigen Monaten zum fest angestellten Stadtoberhaupt - erhielt am Samstag die Ehrenbürgerwürde, am Tag seines 70. Geburtstages.

Zu all den Erinnerungen gehören auch die Menschen: So feierten die 200 Gäste ein Wiedersehen, Wegbegleiter erinnerten sich. Daniels begrüßte etwa Ex-Oberstadtdirektor Karl-Heinz van Kaldenkerken und den früheren Stadtdirektor Klaus Rauen. Vertreter aller Gruppen waren gekommen: Kirche, Politik, Wissenschaft, Geschäftswelt und Verwaltung.

Zudem gratulierte der erste demokratisch gewählte Oberbürgermeister von Potsdam, Horst Gramlich: In Daniels'' 19-jährige OB-Amtszeit fiel 1988 die Gründung der Partnerschaft von Bonn mit der Stadt vor den Toren Berlins. Die Grünen fehlten bei der Feierstunde. Sie hatten den Ratsbeschluss zur Ehrenbürgerschaft mit Hinweis auf eine Spenden- und Steuergeldaffäre Anfang der 80er Jahre nicht mitgetragen. Der Bürger Bund schloss sich an.

"Sie waren nicht populistisch, Sie haben sachliche Entscheidungen getroffen", sagte Dieckmann in ihrer Würdigung. Daniels sei nicht jemand, der die Menschen direkt ans Herz drückte, "außer die Bonna im Karneval". Er habe für seine Sacharbeit respektiert werden wollen. "Diesen Respekt haben Sie erhalten, auch vom politischen Gegner."

Daniels sei es um die Zukunft der Stadt gegangen, er habe am "kulturellen Angebot auf Weltniveau" mitgewirkt. Dabei sei es nie um die Konkurrenz mit anderen Metropolen gegangen, sondern darum, dass die Stadt ihren menschlichen Maßstab bewahrte. Die OB lud zu einer gedanklichen Fahrt mit der Linie 66 ein. "Wir steigen aber nicht am Bahnhof ein. Da haben wir beide unsere Ruinen: Sie die Südüberbauung, ich die Planungen von Brune/Concepta", spielte Dieckmann auf umstrittene politische Entscheidungen an.

Erfreulicher wird die Bahnfahrt mit Abstechern zum Münster, wo die Stadt die Chillida-Plastik Daniels zu verdanken habe. Bundesviertel, Rheinauenpark, das Rathaus mit dem Bonner Sommer davor - alles mit der 66 zu erreichen und Zeugnisse von Daniels'' Wirken.

Der frühere OB, der 38 Jahre lang für die CDU dem Stadtrat angehörte und von 1983 bis 1990 Bundestagsabgeordneter war, hatte ehemaligen jüdischen Bürgern mit der Begegnungswoche die Tür geöffnet. Die Bonn/Berlin-Entscheidung trägt seine politische Handschrift. "Als Typ sind Sie nicht direkt streitlustig. Für Bonn konnten Sie aber immer streiten", sagte Dieckmann.

Schon Daniels'' Vater Wilhelm, Bonns Oberbürgermeister von 1956 bis 1969, wurde zum Ehrenbürger ernannt. Weitere Ehrenbürger sind etwa Helmut Schmidt (1983), Richard von Weizsäcker (1989), Roman Herzog (1989) und Johannes Rau (2001). Hans Daniels, der am 11. Dezember 1934 in Düsseldorf geboren ist, studierte in Rekordzeit Mathematik, Volkswirtschaft und Jura in Bonn und München. Bereits mit 28 Jahren hatte er sich als Notar in Bonn niedergelassen. Von seiner Familie wurden am Samstag besonders seine Frau Ursula und Mutter Hedwig, 99 Jahre alt, geehrt.

Daniels trat in seinen Dankesworten für seinen christlichen Glauben ein. "Zwar hat der Spiegel einmal darüber gespottet, dass ich christliche Politik als eine moderne Form der Nächstenliebe bezeichnet habe. Doch so sehr ich mir bewusst bin, wie wenig ich dieser Anforderung genügt habe, war sie für mich doch Maßstab und Ziel."

Neben der Bundesgartenschau war es Daniels besonders wichtig, dass der Rat sich damals für das Kunstmuseum und die Einbindung von Markt- und Münsterplatz in die Fußgängerzone entschied. Sein Wunsch: "Das wohl wichtigste Investitionsvorhaben für Bonns Zukunft ist das Kongresszentrum der Vereinten Nationen." Zum Bahnhofsvorplatz empfahl er, sich noch einmal die Pläne von 1989 mit der Ungershalle anzusehen.

In der Demokratie gebe es lautstarke Minderheiten, die Beschlüsse zu Fall bringen können. Doch es gebe keine Alternative. "Sie ist die einzige Staatsform, bei der man eine Regierung loswerden kann, ohne sie umzubringen." Seitenhiebe verteilte Daniels auch an die Wähler, die Parteien abstrafen würden, wenn es um notwendige Reformen geht.

Am Rande erinnerte sich der frühere Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes daran, wie er Daniels 1974 im Landtag vorschlug, "zumindest Bornheim zwischen Köln und Bonn zu teilen, so dass beide Städte künftig Nachbarn wären". Daniels habe damals gefürchtet, dass die Alt-Bonner CDU dann nicht mehr die Mehrheit hätte und er nicht mehr OB wäre.

Mit stehenden Ovationen gratulierten alle Gäste, sangen mit dem Ensemble Saxonfon "Zum Geburtstag viel Glück".

Die Urkunde

Oasen-Ziegenleder und Kalbspergament - Hans Daniels kann stolz sein, mit seiner Urkunde ein wertvolles Unikat erhalten zu haben. Das Dokument ist noch ein Stück größer als eine Zeitungsseite und hat, wie ein Buch, einen Einband - bordeauxrot aus Oasen-Ziegenleder.

Einmal aufgeschlagen, staunt der Betrachter über die Liebe zum Detail, die Alfons Schneider in die teils vergoldeten Buchstaben oder die Zeichnung des Alten Rathauses auf bestem Kalbspergament investiert hat. Der Kalligraph, ein ehemaliger Mitarbeiter des städtischen Presseamtes, gehört zu einem der ganz wenigen, die solche Arbeiten überhaupt noch beherrschen. Er hat Wochen in die Urkunde investiert.

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