Hilfsaktion: Minenopfer in Wesseling operiert

Der Krieg in Afghanistan rückt immer weiter in das Bewusstsein der Deutschen. Der Tod von drei deutschen Soldaten und tägliche Meldungen von Opfern in der Bevölkerung haben aus einer Auseinandersetzung weit weg einen Krieg gemacht, der quasi in deutschen Wohnzimmern präsent ist.

 Hält seine Giraffe mit einer Hand fest: Zubair wird von Marc Weihrauch (links) und Dirk Richter betreut.

Hält seine Giraffe mit einer Hand fest: Zubair wird von Marc Weihrauch (links) und Dirk Richter betreut.

Foto: Wolfgang Henry

Wesseling. Der Krieg in Afghanistan rückt immer weiter in das Bewusstsein der Deutschen. Der Tod von drei deutschen Soldaten und tägliche Meldungen von Opfern in der Bevölkerung haben aus einer Auseinandersetzung weit weg einen Krieg gemacht, der quasi in deutschen Wohnzimmern präsent ist. Dazu tragen auch die beiden achtjährigen Zubair und Nasibullah bei.

Die beiden afghanischen Jungen wurden durch eine Mine und durch Feuer so schwer verletzt, dass sie in ihrer Heimat nicht überlebt oder nur noch schwer behindert weitergelebt hätten. Die beiden sehr aufgeschlossenen Kinder werden zur Zeit im Wesselinger Dreifaltigkeits-Krankenhaus vom Team der plastischen Chirurgie betreut, erste Operationen wurden bereits durchgeführt.

Die Hilfsorganisation Friedensdorf Oberhausen hat in Zusammenarbeit mit dem Roten Halbmond, dem Pendant des Roten Kreuzes, die beiden Schwerstverletzten nach Deutschland geholt. Die Ärzte verzichten auf ihr Honorar, das Hospital übernimmt die Kosten von etwa 60 000 Euro, der Förderverein des Krankenhauses will die Summe über Spenden einbringen.

Zubair ist ein pfiffiger Junge. Er weiß nicht genau, wie alt er ist, kann sich nicht mit den anderen Kindern unterhalten. Ist aber der schnellste mit seinem Rollstuhl auf den Gängen, hat schon viele Freunde gefunden in den wenigen Tagen, die er unter der Obhut von Chefarzt Dirk Richter und Oberarzt Marc Weihrauch steht. Drei Finger hat Zubair durch eine Mine verloren, der Ringfinger ist zerschmettert, sein Gesicht verzerrt, vernarbt.

Marc Weihrauch, der die beiden Jungen operiert, berichtet von Heilmethoden, die fast wie Wunder klingen, aber zum täglichen Geschäft der plastischen Chirurgie gehören. Die Hand wurde an der Leiste eingenäht, um sie ruhig zu stellen und durch mikroskopische Schnitte und Verbindungen dafür zu sorgen, dass sich an den Fingerstümpfen durch Gewebe aus der Hüfte neues Gewebe bildet.

Auf dem können die Chirurgen später durch Teile aus der Hüfte eine Art Finger aufbauen. "Ohne Daumen ist eine Hand nicht in der Lage zu greifen, also fast unbrauchbar. Wenn wir einen zweiten Finger bilden können, kann der Junge wenigstens wieder die Hand gebrauchen. Es ist erstaunlich, wie schnell Menschen lernen, mit nur zwei Fingern ganz normal zu leben", berichtet Dirk Richter aus seiner Praxis.

Um die Hand von Zubair wieder hinzubekommen, bedarf es noch mehrerer Eingriffe. Auch am Gesicht des Achtjährigen werden die Chirurgen noch viele Stunden korrigieren müssen. "Wir werden bereits bei der nächsten OP mit aufwendigen Gewebeverpflanzungen aus Bein und Rücken die Vernarbungen im Gesicht behandeln.

HilfsaktionenDas Friedensdorf Oberhausen International setzt sich seit 1967 für kranke und verletzte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten ein. Ärzte vor Ort vermitteln die Kinder, die in europäischen Kliniken kostenlos behandelt werden. Mehrmals im Jahr führt die Organisation Hilfseinsätze und Rettungsflüge durch. Außerdem werden regelmäßig Hilfsgüter in Krisengebiete gebracht. Die Operation der afghanischen Kinder in Wesseling unterstützt der Förderverein des Dreifaltigkeits-Krankenhauses ohne Abzüge der Spenden. Internet: www.krankenhaus-wesseling.de

Das ist ein Eingriff auf höchstem Niveau: Mit Lupenbrillen und feinsten chirurgischen Instrumenten. Es gilt zum Beispiel, bei der Verpflanzung ein bis zwei Millimeter dünne Blutgefäße miteinander zu verbinden", sagt Weihrauch.

Auch Nasibullah ist bereits operiert. Seine Füße waren durch Verbrennungen, deren Ursache nicht ganz geklärt ist, deformiert. "Die Gründe sind ja auch nicht so wichtig. Hauptsache, wir können den Kindern ein halbwegs normales Leben ermöglichen", sagt Johannes Güsgen, der Geschäftsführer der Maria Hilf GmbH, dem Träger des Dreifaltigkeits-Krankenhauses.

Güsgen hat selbst einen Sohn, der als Bundeswehrarzt in Afghanistan Dienst macht. Dort kann nur die Erstversorgung von Verletzten behandelt werden. Daher ist es nötig, dass gut ausgerüstete Krankenhäuser hier Operationen wie die der beiden Achtjährigen durchführen. Seit Jahren behandeln die Wesselinger Ärzte Verletzte aus Krisengebieten - kostenlos. Der Förderverein des Krankenhauses versucht, über Spenden einen Teil der Kosten zu generieren.

Noch einige Tage werden Zubair und Nasibullah hier bleiben, dann im Friedensdorf auf ihre Rückkehr vorbereitet und anschließend zu ihren Familien gebracht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Lektionen aus 20 Jahren
Kommentar zum Ende des Afghanistan-Einsatzes Lektionen aus 20 Jahren
Lehren ziehen
Kommentar zum Taliban-Vormarsch in Afghanistan Lehren ziehen
Aus dem Ressort