Übergriffe in Rheinbacher Internat: Niedecken spricht vom "Prügel-Pater"

Der Kölner Sänger Wolfgang Niedecken (BAP) hat sich jetzt erneut zu seinen Erlebnissen als früherer Internatsschüler des Konvikts Sankt Albert geäußert.

 Wolfgang Niedecken war als Schüler in Rheinbach.

Wolfgang Niedecken war als Schüler in Rheinbach.

Foto: dpa

Rheinbach. Der Kölner Sänger Wolfgang Niedecken (BAP) hat sich jetzt erneut zu seinen Erlebnissen als früherer Internatsschüler des Konvikts Sankt Albert geäußert. Wie berichtet, hat es in dem vom Pallottinerorden betriebenen Internat Anfang der 60er Jahre mindestens vier Fälle von sexuellem Missbrauch gegeben.

Der beschuldigte Pater wurde damals nach Bekanntwerden eines Missbrauchsfalles versetzt und verließ später den Orden. Den Opfern wurde damals nicht geholfen. Im Jahr 2008 meldete sich ein Betroffener per E-Mail bei den Pallottinern. Seitdem ist Provinzrat Pater Norbert Possmann damit beauftragt, die Fälle aufzuarbeiten und den Opfern Hilfe anzubieten.

BAP-Chef Niedecken war in jenen Jahren auch im Konvikt untergebracht und berichtete in seiner Autobiografie "Auskunft" aus dem Jahr 1990, dass er von einem Pater geschlagen und gequält worden sei. Niedeckens Management bestätigte das am Mittwoch. Im Konvikt - dem "Kasten" - habe der "Prügel-Pater" verängstigte Jungen bei falschem Vokabel-Aufsagen geschlagen.

Nachts habe Niedecken als 13-Jähriger zu dem Pater aufs Zimmer kommen müssen, dieser habe ihm in die Hose gegriffen. Niedecken selbst sprach aber nicht von sexuellem Missbrauch, wie sein Management betonte. Auch in dem Lied "Nie mit Algebra" von 1987 singt er davon, dass er als Kind ins Heim gesteckt wurde, "in dem Sadisten Kinder quälten".

Aus Angst habe sich kein Schüler gewehrt, sagt Niedecken. Als sein Vater rote Striemen auf seinem Rücken entdeckt habe, habe er bei der Konvikt-Leitung mit Erfolg scharf protestiert. Der Pater sei plötzlich weg gewesen, allerdings ohne Entschuldigung und öffentliches Aufsehen.

Auch Jugendfreund Bernd Schumacher, der als Musiker und Schriftsteller immer noch in Rheinbach lebt, hat die Geschehnisse in einem Buch von 2008 verarbeitet. "Damals saßen wir mittwochsmorgens im Bushäuschen und überlegten, dass der Pater achtkantig rausfliegen würde, wenn man melden würde, was man wisse. Und dann war er ja auch plötzlich weg", sagte Schumacher am Mittwoch dem General-Anzeiger. Er selbst sei aber nicht Opfer geworden.

Pallottinerpater Norbert Possmann teilte am Mittwoch mit, dass sich bisher 14 Personen bei ihm gemeldet hätten. "Alle Taten, mit denen wir konfrontiert wurden, sind in den 50er, 60er und 70er Jahren geschehen. Ein aktueller Fall ist uns nicht bekannt.

Strafrechtlich sind die Taten verjährt. Bei zehn Personen handelt es sich um schlimme Gewalt, die ihnen in unseren Einrichtungen durch Patres widerfuhr." Es geht um die beiden Konvikte in Rheinbach und Rheinberg am Niederrhein.

Es sei noch nicht bei jedem Opfer ein Treffen zustande gekommen. "Vier Personen wurden sexuell missbraucht. Zurzeit sind wir dabei, alle, die Kontakt zu uns aufgenommen haben, aufzusuchen und in der Begegnung miteinander zu schauen, welche Möglichkeiten der Hilfe es gibt."

Niedecken habe sich nicht an ihn gewandt. Er ordnet den Bericht des Sängers aber jenem Pater zu, der damals auch für die anderen vier Fälle verantwortlich war und der dann versetzt wurde.

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