Ausstellung in den Lemmerzwerken Fabrikhalle als Atelier auf Zeit
KÖNIGSWINTER · Schon seltsam. Bis vor einigen Jahren noch baute der gelernte Ingenieur Peter Marth Spezialmaschinen für die Lemmerzwerke in Königswinter. Wenn er damals durch die Korridore der mittlerweile stillgelegten Hallen schritt, ratterte und krachte es in allen Ecken.
"Im produzierenden Gewerbe ist immer was los", sagt Peter Marth. Die Hallen waren mit Leben gefüllt. Treppauf, treppab geschäftiges Treiben. Und heute? Ruhe in Halle 3. Die Ruhe vor dem Sturm, der sich in den kommenden Wochen angekündigt hat.
Marth steht wieder in der Halle 3, mittlerweile als Bildhauer und Mitglied des in Königswinter beheimateten Künstlervereins Antiform. Er und neun andere Künstler bringen in den nächsten Wochen Leben in diesen Teil der Fabrik. Am Montag haben sie damit angefangen. Bis zum 14. August soll ihre Hallenkunstausstellung XXL stehen, die bis zum 27. September täglich zu sehen sein wird. Bis dahin gibt es viel zu tun.
Um das von Antiform in Auftrag gegebene Brandschutzgutachten und damit die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten, muss der Verein als Veranstalter eine Reihe von Auflagen erfüllen. Das fängt bei einem Rolltor an, das während der Ausstellung offen stehen, aber mit einem zusätzlichen Holztor verkleidet werden muss.
Und hört längst nicht auf bei stromunabhängiger Notbeleuchtung, entsprechenden Notausgangsmarkierungen und einer Absperrung zum hinteren Gebäudeteil, über den die Produktionsstätte des Lemmerz-Nachfolger Maxxion erreichbar wäre. "Für einen kleinen Verein wie unseren ist das finanziell nicht einfach zu schultern, aber ich bin zuversichtlich, dass alles klappen wird", sagt Antiform-Vorsitzender Helmut Reinelt.
Suche nach Sponsoren
Der Fotograf hofft auf weitere Sponsoren und ehrenamtliche Helfer, die während der Öffnungszeiten aushelfen können. Die Stadt hat die Grundreinigung der 1600 Quadratmeter großen Halle übernommen, die Elektronik überprüft und ein Fallrohr repariert.
Das Areal scheint ideal für die geplante Street-Art-Ausstellung mit großformatigen Bildern. Die Decke misst bis zu zwölf Meter Höhe. Der international ausstellende Dortmunder Künstler Mark Gmehling steht auf einer Hebebühne und versucht, eine sechs mal acht Meter große Plane vernünftig in Position zu bringen. Er wird sie mit Spraydosen bearbeiten: "Man findet nicht überall so tolle Bedingungen vor."
Gmehling gestaltete schon vor zwei Jahren die Fassade des Abbruchhauses unterhalb der Talstation der Siebengebirgsbahn. Sein Kollege Wolfgang Krell entwarf ein neun Meter hohes Bild für die Antiform-Ausstellung "Gewaltige Bilder" in den Erpeler Brückentürmen. Dieses Mal will Krell einen Oktopus kreieren: "Ein wahnsinnig vielseitiges Wesen." Das Tier passt mit seinen Tentakeln gut in die Halle 3. Früher wurden hier Lkw-Reifen gefertigt.
Die Aufhängung für die Krananlage, die das erledigte, ist immer noch unter der Decke zu sehen. Es ist alles im Werden in dem stillgelegten Fabrikteil, der direkt an der Straße Am Kissel gegenüber dem Königswinterer Bahnhof liegt. Die Farbe im Wert von 600 Euro muss sich allerdings noch in Kunst verwandelt.
Die Ausstellung
Die von Franca Perschen kuratierte XXL-Hallenausstellung wird vom 14. August bis zum 27. September freitags von 17 bis 20 Uhr, samstags von 14 bis 22 Uhr und sonntags von
14 bis 18 Uhr in Halle 3 zu sehen sein. Der Eintritt kostet drei Euro. Zusätzlich gibt es Livemusik jeden Samstag ab 19.30 Uhr. Der Eintritt zu den Konzerten kostet sechs Euro.
Auf Anfrage besteht die Möglichkeit, Führungen außerhalb der Öffnungszeiten zu buchen. Interessenten können eine Nachricht per E-Mail an info@antiform.eu schicken.
Vor dem Abriss
Der Rat der Stadt Königswinter hat den Beschluss gefasst, die seit vier Jahren im städtischen Besitz befindlichen Hallen bis Ende des Jahres abzureißen. Eine entsprechende Ausschreibung wird derzeit vorbereitet. Hintergrund der Entscheidung ist eine Frist, die die Lemmerzwerke der Stadt gesetzt hatten.
Die frühere Eigentümerin kommt nur noch bis zum 31. Dezember 2015 für die Entfernung von Altlasten im Boden auf. Der Künstlerverein Antiform hat das Rheinische Amt für Denkmalpflege eingeschaltet, das prüfen soll, ob die Hallen unter Denkmalschutz zu stellen sind.