Spannende Geschichte in Unkel Ausstellung zeigt verstoßene Porträts von Willi Brandt

Unkel · Im Willi-Brandt-Forum in Unkel werden derzeit Porträts des ehemaligen Bundeskanzlers von Georg Meistermann gezeigt. Im Kanzleramt durften die Bilder allerdings nicht hängen.

Katrin Arrieta, die Leiterin des Kunstmuseums Arenshoop, vor einem der Meistermann-Porträts.

Katrin Arrieta, die Leiterin des Kunstmuseums Arenshoop, vor einem der Meistermann-Porträts.

Foto: Frank Homann

„Kunst unter Vorzeichen der Politik“ – unter diesem Titel wurde im Willy-Brandt-Forum im Beisein von Brandt-Witwe Brigitte Seebacher eine Sonderausstellung eröffnet. Die verheißungsvolle Unterzeile dazu: „Die Willy-Brandt-Porträts von Georg Meistermann“. Die beiden Bilder haben eine spannende Geschichte, treffen nicht jedermanns Geschmack und erst zum dritten Mal werden sie nun gemeinsam gezeigt.

„Es ist etwas Besonderes, die beiden Werke auf so engem Raum zusammen zu sehen“, sagte Peter Pfister, der Kunstbeauftragte der Friedrich-Ebert-Stiftung, in deren Besitz das erste Gemälde ist, das Meistermann zwischen 1969 und 1973 unter dem Titel „Farbige Notizen zu einer Biographie des Bundeskanzlers Brandt“ schuf.

Meistermann war begeistert, als der damalige Kanzleramtschef Horst Ehmke ihn bat, für die Ausstellung „Zeitgenossen“ in Recklinghausen ein Gemälde Brandts zu schaffen. Eine Studie dazu wurde in Recklinghausen gezeigt, die wohl als Grundlage für das heutige Gemälde diente, so Pfister. Es ist kein Porträt im klassischen Sinne, Meistermann verstand die Darstellung als eine Visualisierung der Biografie Brandts. Die breite Öffentlichkeit lehnte das Werk ab. „Willy Brandt war von dem Bild fasziniert.“ Er bat auch darum, diesen Meistermann in die Kanzlergalerie zu übernehmen. Das Kanzleramt lehnte ab. So wurde es später Brandt zum Geschenk gemacht und der übergab es schließlich der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Kanzler Helmut Schmidt forderte seinen Amtsvorgänger auf, sich ein weiteres Mal malen zu lassen. Der entschied sich erneut für Meistermann. Die Bitte Schmidts, Brandt nun „ähnlich“ zu malen, lehnte der Künstler ab. Er schuf vielmehr das Psychogramm eines politischen Visionärs. Das Bonmot von der Enthüllung des Gemäldes war zu hören – als Schmidt anmerkte, dass Brandt keine Krawatte trage, entgegnete Meistermann, der habe eben eine weiße Weste.

Helmut Kohl hängte das Bild ab; 1985 wurde es durch ein realistisches Porträt ersetzt. Auf einigen Umwegen landete dieses verstoßene Meisterwerk als Leihgabe des Bundes in Unkel. Eine wirklich spannende Analyse zu den beiden „Meistermännern“ lieferte Katrin Arrieta. Die Leiterin des Kunstmuseums Arenshoop beleuchtete biografische Situationen Brandts während des Schaffensprozesses, sprach über die Bedeutung der Bilder als Kunstwerke im 20. Jahrhundert. Auch das Verhältnis des Malers und seines Modells wurde deutlich: Brandt schrieb Meistermann, dass er ihm „ein kritisch-anregender Gesprächspartner und ein großzügig-duldsamer Weggefährte“ gewesen sei.

Forum-Leiter Scott Krause dankte der Kunsthistorikerin für diese „neue Dimension im Verständnis dieser Gemälde“. Der Vorstandsvize der Bürgerstiftung, Wolfgang Reeder, meinte bei der Begrüßung: „Fotografie wirkt durch die Wirklichkeitsnähe, Malerei durch die tiefere Durchdringung der Oberfläche.“ Das können Besucher nun nachempfinden.

Die Ausstellung im Willy-Brandt-Forum ist bis zum 23. Januar 2023 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

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