Wohnungssuche in Alfter Erfahrungen eines syrischen Flüchtlings

Alfter · Nachdem der 28 Jahre alte Syrer Aid Jasim eine Aufenthaltserlaubnis bekommen hat, muss er umziehen – eine echte Herausforderung.

 Der Syrer Aid Jasim (rechts) sucht mit seinem Paten Imad Rahi (links) ein eigene Wohnung; noch wohnt der Syrer in der städtischen Unterkunft (Hintergrund) am Oedekovener Rathaus.

Der Syrer Aid Jasim (rechts) sucht mit seinem Paten Imad Rahi (links) ein eigene Wohnung; noch wohnt der Syrer in der städtischen Unterkunft (Hintergrund) am Oedekovener Rathaus.

Foto: Axel Vogel

Menschen wie der 28 Jahre alte Syrer Aid Jasim sind vor Krieg und Terror aus ihrer Heimat geflohen und versuchen nun, sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. In Jasims Fall soll das in der Gemeinde Alfter passieren, wo er seit Dezember 2014 in einer Flüchtlingsunterkunft der Gemeinde am Oedekovener Rathaus wohnt.

Zu Jasims neuem Leben, bei dem ihm der General-Anzeiger in einer losen Folge seit Frühjahr vergangenen Jahres begleitet, gehört: Der Flüchtling muss sich jetzt – wie viele andere auch – eine eigene Wohnung suchen: Dabei will er sich auf Alfter konzentrieren, weil er sich hier wohlfühlt und erste Kontakte geknüpft hat. Doch die Suche wird für den Mann, der kaum deutsch spricht, zur weiteren Herausforderung: Denn Wohnungen waren in Alfter bereits vor dem Zuzug der Flüchtlinge ein rares Gut, sagen Kenner des Marktes.

Für Aid Jasim hat sich seit Ende des Jahres einiges geändert: Nach seiner Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention im November vergangenen Jahres und einem auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsrecht, ist nicht mehr die Gemeinde für die Unterbringung und Versorgung des 28-Jährigen zuständig, erklärt Alfters Sozialamtsleiter Markus Jüris: „Vielmehr kommt das Geld nun vom Jobcenter.“ Aid Jasim ist nun Leistungsbezieher nach dem Sozialgesetzbuch II. Kurz gesagt, er fällt unter Hartz IV, bekommt den Regelsatz sowie auch die Miete für eine Wohnung gestellt.

In Jasims Fall sind das nach Aussage seines Paten Imad Rahi 440 Euro warm. Dabei darf die Wohnung nicht ganz so klein ausfallen, weil auch Jasims erst 13 Jahre alter Neffe, der derzeit noch in Siegburg untergebracht ist, mit einziehen soll. Den Jungen hatten seine Eltern aus Angst, der 13-Jährige könnte von der Terrororganisation IS in Syrien zwangsrekrutiert werden, alleine in Richtung Deutschland geschickt, übersetzt Pate Rahi,

Doch für das Budget Aid Jasims etwas Passendes auf dem Wohnungsmarkt zu finden, gestaltet sich schwierig. Zwar ist ihm die Unterstützung seines Paten Imad Rahi eine große Hilfe. Schließlich spricht der gebürtige Libanese nicht nur die Sprache des Syrers, sondern lebt auch seit rund 30 Jahren in Deutschland. Vor allem in Alfter ist der Friseurmeister, der am Oedekovener Rathaus seinen Salon hat, bestens vernetzt.

So konnte Rahi rund ein Dutzend Vermieter ausfindig machen, die eine Wohnung inseriert hatten. Er nahm mit ihnen Kontakt auf, aber das Ergebnis war ernüchternd: „Viele sagen es nicht in der Deutlichkeit, aber die meisten wollen nicht an einen Flüchtling vermieten.“ Das hat nach Rahis Einschätzung weniger mit Ressentiments gegen ausländische Mieter zu tun, als mit Vorbehalten, an alleinstehende Männer zu vermieten. „Da in dem Haushalt eine Frau fehlen würde, hat mancher Mieter Angst, dass die Wohnung nicht anständig behandelt wird.“

Für Immobilienmaklerin Sabine Hahn, die ihr Büro in Impekoven hat, und sich gut auf dem Wohnungsmarkt in Alfter und Umgebung auskennt, kommen aber noch weitere Gründe hinzu: „Viele Vermieter achten auf die Liquidität eines potenziellen Mieters.“ Die würde bei einem Leistungsbezieher nicht immer so hoch eingeschätzt. Zudem sagt sie, dass Vermieter, die eine Wohnung anzubieten haben, „oft aus mehreren Bewerbern auswählen können“. Sie verweist etwa auf die Studenten, für die Alfter wegen der guten Verkehrsanbindung als Wohnort hoch im Kurs steht.

So sind nach der Erfahrung von Maklerin Hahn, gerade kleine Wohnungen, die für alleinstehende Flüchtlinge wie Aid Jasim und seinen Neffen in Frage kommen, „vor Ort sehr gefragt und schnell vergriffen“. Die hohe Nachfrage habe inzwischen dazu geführt, dass gerade für kleine Wohnungen durchaus Mieten zwischen 10,50 und 11 Euro verlangt würden. Eine Alternative wäre aus ihrer Sicht, „wenn sich einzelne Flüchtlinge zu Wohngemeinschaften zusammenschließen oder aber, wie in anderen Regionen praktiziert, die Gemeinde Wohnungen anmietet und diese den Flüchtlingen zur Verfügung stellt“.

Dass jene Flüchtlinge, die wie der junge Syrer jetzt eine Wohnung suchen, die Situation speziell auf dem Markt in Alfter „extremst verschärfen“, bestätigt Alfters Sozialamtschef Markus Jüris: „Es rächt sich, dass der soziale Wohnungsbau in den letzten Jahren stark vernachlässigt wurde.“ Denn nach seiner Einschätzung fehlen besonders jene kleinen Single-Wohnungen, die jetzt auch für manchen Flüchtling in Betracht kommen.

Gleichwohl hat man beim Sozialamt Erfolgserlebnisse, etwa als für Flüchtlingsfamilien etwas größere Wohnungen gebraucht wurden: „Fünf syrische Familien konnten wir unterbringen“, erklärt Jüris, wobei er die ungebrochen große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung lobt: „Es haben sich gezielt Vermieter gemeldet, die Flüchtlingen helfen und an sie vermieten wollten.“

Ob die Gemeinde auch in Fällen wie dem von Aid Jasim helfen kann, etwa durch die Anmietung von Wohnungen? „Wir sind immer bestrebt zu helfen, aber irgendwo sind auch uns Grenzen gesetzt“, erklärt Markus Jüris. Schließlich mühe sich die Gemeinde jeden Tag, „neue Unterbringungsmöglichkeiten auf dem freien Markt für jene Flüchtlinge zu finden, die neu in der Gemeinde eintreffen und die wir als Verwaltung versorgen müssen“, so Jüris. „Allein für diese Gruppe Wohnraum zu finden, wird immer schwerer.“

Fakt ist auch, dass das Sozialamt in absehbarer Zeit den Platz, den Jasim jetzt noch in der städtischen Unterkunft am Rathaus belegt hat, für neu eintreffende Flüchtlinge braucht, so Jüris: „Wenn wir keine Aufnahmekapazitäten mehr haben, was derzeit aber noch der Fall ist, müssen wird den Druck irgendwann weitergeben.“ Will heißen: Schlimmstenfalls müsste Aid Jasim in eine Obdachlosenunterkunft umziehen. Doch so weit wollen er und sein Pate Imad Rahi es nicht erst kommen lassen. Vor allem Rahi gibt sich optimistisch: „Wir werden schon irgendetwas finden.“

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