"Offene Ateliers" in Merten Kunst im ganz normalen Arbeitsalltag

BORNHEIM-MERTEN · Täglich blickt Maria Dierker auf ihn: Der Apfelbaum, der den idyllischen Innenhof des Kunsthofs Merten an der Wagnerstraße ziert, ist Inspirationsobjekt für eine ganze Reihe von Bildern der Künstlerin geworden. Auf zahlreichen Leinwänden mit Tusche, Acryl und Schelllack aufgetragen, lässt sich das hölzerne Gewächs in ganz unterschiedlicher und beeindruckend freier Darstellung wiedererkennen.

 Arbeiten aus heimischen Hölzern wie Fichte, Birne, Eiche und Linde zeigt Martin Langer.

Arbeiten aus heimischen Hölzern wie Fichte, Birne, Eiche und Linde zeigt Martin Langer.

Foto: Wolfgang Henry

"Der Baum als Symbol des Lebens fasziniert mich. Er passt wunderbar zu meinem Thema: 'Werden, sein, vergehen'", so Dierker, die Malerei und Grafik in Bochum studiert hat und auf der ganzen Welt ausstellt. Doch auch weitere eindrucksvolle Arbeiten, in denen sie ihr zentrales Thema aufgreift, zeigte die ehemalige Meisterschülerin von Qi Yang jetzt den Besuchern beim "Offenen Atelier".

Seit der Eröffnung im Jahr 2000 können Kunstinteressierte jeden ersten Samstag im Monat in den fünf Ateliers, die sich um den malerischen Innenhof des ehemaligen Bauernhofs gruppieren, den Künstlern Maria Dierker, Sabine Hörschler, Martin Langer, Sigrid Rauscher, Regina Thorne und Birgit Wenninghoff bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. "Wir möchten unseren Besuchern die Möglichkeit geben, uns im ganz normalen Arbeitsalltag zu erleben und mit uns intensiver ins Gespräch zu kommen", erklärte Langer, Eigentümer des Kunsthofs. Und so hobelte der 46-jährige gelernten Orgelbauer und studierte Bildhauer in seinem Atelier, dass die Späne nur so fielen.

"Beim offenen Atelier sollen die Besucher sehen, dass gearbeitet wird. Da bleibt Dreck, anders als bei Ausstellungen, auch schon mal liegen", schmunzelt Langer, der gerade an einer Reihe von kleinen Königen aus den Hölzern Eiche und Birne arbeitet.

Sein aktuelles Thema ist eigentlich aber ein ganz anderes: Im Büro- und Ausstellungsraum zeigt der Bildhauer unter dem Titel "Artefakte" Arbeiten aus heimischen Hölzern wie Fichte, Birne, Eiche und Linde, die er bewusst alt aussehen lässt. Die afrikanisch anmutenden Objekte wirken vertraut und erinnern im ersten Augenblick an Gebrauchsgegenstände. Doch bei näherer Betrachtung erschließt sich die Funktion der Gegenstände nicht mehr, denn: Das Schild aus dunkel poliertem Holz ist durchlöchert, und auch die ovale Holzschale weist ein Loch auf. "Den Zwiespalt zwischen Wiedererkennen und Verwerfen der Funktion ist das, was den Zauber ausmacht", so der 46-jährige Künstler.

Schon fast einer Schneiderei ähnelt das Atelier der 55-jährigen Sigrid Rauscher, die eine ganze Reihe von Bildern mit der Nähmaschine "gezeichnet" hat, darunter Löwenzahnbilder aus genähtem Butterbrotpapier und kleine Collagen aus Stoff und Papier. "Ich spiele gerne mit Materialien", so die studierte Malerin, deren genähte filigrane Formen und Figuren auf dem Papier wie gemalt aussehen. Vorgenommen hat Rauscher sich für dieses Jahr: "Jeden Tag möchte ich einen Tageseindruck auf Karteikarten mit Stoffen festhalten. Bisher habe ich es geschafft", so die halbtags als Kinderpflegerin arbeitende Künstlerin voller Stolz. Helfen soll es ihr dabei, lockerer und freier zu werden und noch mehr zu entdecken.

Harte Materialien mit weichen verbindet Birgit Wenninghof in ihren Installationen. Seit November arbeitet die in Walberberg wohnende Künstlerin auf dem Hof. Stoff, Keramik und Möbel versucht die studierte Künstlerin in ihren Arbeiten miteinander zu verbinden. "Ich probiere manchmal einfach etwas aus, das mir gerade in den Sinn kommt", so Wenninghof, während sie ein Stück Stoff um eine Skulptur bindet. Und so zieren arrangierte Keramikobjekte auf dicken weichen Daunenkissen in großem Format den Boden ihres Ateliers. "Tierhüllen" nennt die ehemalige Betriebswirtin ihre dreidimensionale Arbeit, die Leben und Vergänglichkeit ausdrücken soll.

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