5:2-Sieg gegen Italien Deutschland beendet Unentschieden-Serie mit Torfestival

Mönchengladbach · Die Deutsche Nationalmannschaft konnte sich am Dienstagabend mit einem überzeugenden 5:2 gegen Italien in der Nations League durchsetzen. Zum ersten Mal gewinnt sie ein Pflichtspiel gegen Italien in der regulären Spielzeit.

 Ilkay Gündogan bejubelt mit seinen Kollegen der Nationalmannschaft seinen Treffer zum 2:0 gegen Italien.

Ilkay Gündogan bejubelt mit seinen Kollegen der Nationalmannschaft seinen Treffer zum 2:0 gegen Italien.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Als Jonas Hector diesen wackeligen Elfmeter, selbst am ganzen Körper zitternd, untergebracht hatte im italienischen Tor, da stand Deutschland nicht nur im Halbfinale der EM in Frankreich, sondern auch kopf. Noch nie zuvor hatte eine DFB-Elf in einem Pflichtspiel Italien bezwingen können – und dann dieser 6:5-Erfolg im Elfmeterdrama. Das ist jetzt sechs Jahre her, und auch anschließend wurde angesichts dieser beklagenswerten Historie aus deutscher Sicht nichts geradegerückt. „We call it a Angstgegner“, würde der große Franz Beckenbauer diesen unerfreulichen Umstand wohl umschreiben. Zwar ist der Kölner Sieg-Elfer-Schütze Hector nicht mehr dabei, aber die Angst scheint nun endgültig verflogen, denn Bundestrainer Hansi Flicks Mannschaft hat den Mythos Italien entzaubert, in der Nations League. Souverän, hochverdient und mitunter wie im Rausch. Auch dank eines überragenden Thomas Müller, der seine langen Gräten bei jeder Offensivaktion irgendwie im Spiel hatte.

Das klare 5:2 (2:0) im Borussia-Park in Mönchengladbach war also von historischer Tragweite, war es doch der erste Sieg einer deutschen Mannschaft gegen die Südeuropäer in einem Pflichtspiel in der regulären Spielzeit. Gleichzeitig war es der erste Sieg nach zuvor drei 1:1-Remis in diesem immer noch nicht vollends akzeptierten Wettbewerb, nach dem das Flick-Team zuvor wegen seiner Spielweise (Ausnahme die England-Partie) und der Resultate etwas an Reputation verspielt hatte.

Der zuletzt durch Kritik aus der DFB-Chefetage arg in Bedrängnis geratene Leroy Sané bekam eine neue Chance in Flicks Startelf. Außerdem rückten Lukas Klostermann hinten rechts und Antonio Rüdiger zentral in die Viererkette. Ilkay Gündogan durfte ebenso von Beginn an ran wie Routinier Thomas Müller. Weichen mussten Thilo Kehrer, Nico Schlotterbeck, Leon Goretzka, Kai Havertz sowie Jamal Musiala.

Insbesondere die Durchschlagskraft in der Offensive wollte Flick so fördern. Zudem hatte er zuvor ein schnelleres Spiel seiner Elf gefordert, zwingendere Ballpassagen, ohne das gegnerische Tor aus den Augen zu verlieren. Sané stand dabei unter besonderer Beobachtung. Auch im Hinspiel hatte der Münchner einen bemerkenswert schlechten Vortrag geboten. „Es ist für ihn keine leichte Situation“, hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff danach im Duktus eines gestrengen Klassenlehrers gesagt. „Wir helfen ihm, aber er muss sich natürlich auch selber helfen. Am Ende musst du dich als Spieler da rauskämpfen."

Und der schnelle Angreifer kam gut aus den Startlöchern. Eher zufällig erarbeitete er sich den Ball recht frei vor dem Tor, zog mit rechts (!) ab, seinem schwachen Fuß, doch der Ball zischte hauchzart am Pfosten vorbei (7.). Die erste klare Chance der Deutschen. Sanés Auftritt hatte insgesamt weitaus mehr Schärfe zu bieten als zuletzt. Doch neben starken Szenen gab es einige leichte Ballverluste, die an den jüngsten Sané erinnerten. Insgesamt jedoch war eine deutliche Steigerung zu erkennen.

Trotz aller zuvor auffälligen Müdigkeit mancher Nationalspieler: Das DFB-Team übernahm die Kontrolle, die Abwehr wirkte stabil. Im Mittelfeld bestimmten Kimmich und Gündogan das deutsche Spiel und Tempo. Das mündete in einen weiteren rasanten Angriff. Linksverteidiger David Raum war außen verwundert über so viel Platz, zog den Ball scharf in die Mitte. Der erreichte den durchgelaufenen Joshua Kimmich, und mit aller Ruhe eines mittlerweile auch schon Routiniers nahm er ihn an und legte ihn an Torwart Gianluigi Donnarumma vorbei ins Tor – 1:0 (10). Schon jetzt hatten die Deutschen mehr gute Szenen und Chancen als beim unbefriedigenden 1:1 in Ungarn.

Immer wieder versuchte sich ManCity-Profi Gündogan als Einfädler, oft mit steilen Zuspielen in die Spitze, doch der Anfangselan verpuffte zusehends. Nur noch selten drang das DFB-Team durch das dichte Netz an italienischen Abwehrbeinen, die Versuche waren ihr jedoch nicht abzusprechen. So kam der Gladbacher Lokalmatador Jonas Hofmann noch mal zum Abschluss, fand aber einen zu spitzen Winkel vor, Donnarumma parierte ohne Mühe (33.). Sané hatte dabei seinen Fuß im Spiel – und seinen Kopf.

Und so fand auch Sané wieder in die Partie und zu seinem Zug zum Tor. Erst scheiterte er selbst aussichtsreich an Donnarumma (38.), dann setzte er Werner in Szene – ohne Erfolg (40.). Während die Abwehr bis auf kleinere Wackler einen sauberen Vortag ablieferte, wurde auch die Offensive nicht müde, trotz aller Strapazen mit vier Spielen in kurzer Zeit nach einer zehrenden Saison. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte die Belohnung: Ein langer Ball von Müller wurde Hofmann – überflüssigerweise – gefoult: Elfmeter. Gündogan mit kurzem Anlauf und hohem Schuss traf zum 2:0.

Den wollten die nach der verpassten WM-Qualifikation im Umbruch befindlichen Italiener reduzieren, natürlich. Und sie kamen mit viel Druck aus der Kabine. Die deutsche Elf hatte schnelle einige knifflige Situationen zu überstehen. Doch die Euphorie fand ein jähes Ende. Der Müller, Thomas drückte die Kugel nach einem schweren Patzer der Gäste nach der scharfen Hereingabe von Raum volley ins Netz (51.). 3:0 – gegen die Italiener, die den Catenaccio (massierter Abwehrverbund) einst zur Vollendung führten.

Ein Nachlassen war nicht auszumachen, der Druck auf das italienische Tor hielt an. Chancen gab es zahlreiche (Werner, 60.). Und dann zeigte die Flick-Elf, welches Potenzial in ihr steckt. Spielerisch war das sehr schön anzusehen. Und selbst der zuletzt wegen seiner mangelnden Torgefahr kritisierte Werner beteiligte sich am Ende der Verwertungskette schneller Kombinationen: mit einem Doppelpack binnen kürzester Zeit (68., 70.). Das dürfte ihm Auftrieb geben, so wie das Auftreten insgesamt der deutschen Mannschaft. Zaghaft schwappte sogar die Welle auf den Tribünen, selbst wenn Wilfried Gnonto und Bastino noch verkürzen konnten (78., 90+3). Das gute deusche Gesamtbild störten auch die drei Flitzer nicht, die die Ordner einige Minuten ebenso wenig aufhalten konnten wie zuvor die Italiener die deutsche Elf.

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