Mancher Obdachlose lebt auch im Winter lieber draußen

Grünen befürchten, dass die Bonner Wohnungslosenhilfe nicht jedem Hilfe bietet - Sozialverwaltung und Caritas widersprechen

Mancher Obdachlose lebt auch im Winter lieber draußen
Foto: Frommann

Bonn. Sie lebt buchstäblich auf der Straße. Nicht einmal einen Schlafsack hat sie für die kalten Nächte, nur drei Wolldecken, die auf einer schmutzigen, nur wenige Zentimeter dicken Matratze liegen.

Das Dach ist eine Betontreppe eines Gebäudes in der City, ihr knappes Hab und Gut steht säuberlich aufgereiht entlang einer Wand. Man könnte es fast wohnlich nennen, läge diese "Wohnung" nicht direkt am Bürgersteig.

So lebt die Frau, geschätzte Mitte, Ende 50, seit Wochen dort. Bietet man ihr Hilfe an, erntet man nur ein knappes, nervöses "Brauch' ich nich'". Und auf die Frage, ob es nachts nicht viel zu kalt da draußen sei, antwortet sie: "Is' schon o. k." Darüber hinaus scheint eine Kontaktaufnahme nicht möglich.

"In der Tat dauert es manchmal Jahre, um an solche Menschen heranzukommen", sagt Ricarda Miebach von der Caritas. Ihre Mitarbeiter, die Streetworker, haben tagtäglich mit solchen Menschen zu tun, nicht selten handelt es sich um Leute mit psychischen Erkrankungen, die sich partout weigern, die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe anzunehmen. Die Frau beispielsweise könnte im eigens dafür vorgesehenen Haus Maria Königin des Johannesbundes unterkommen, wenn sie denn wollte.

Im Sozialausschuss am Dienstagabend drückte Florian Beger von den Grünen seine Sorge darüber aus, dass "es eine bestimmte Gruppe von Menschen gibt, die von der Wohnungslosenhilfe nicht erreicht wird" - speziell im Winter.

Dem widersprach die Sozialverwaltung, dem widerspricht auch Ricarda Miebach: "Wir kennen jeden dieser Fälle und stehen mit allen Leuten im Kontakt. Wenn jemand neu nach Bonn kommt, versuchen die Streetworker, Kontakt aufzunehmen."

Besondere Aufmerksamkeit widmen die Streetworker den Obdachlosen bei Frostnächten. Die City-Station an der Thomastraße 36 a, neben dem Alten Friedhof, öffnet dann auch zusätzlich nachts ihre Türen. "Zusammen mit der City-Wache GABI gehen wir Orte ab, wo sich Wohnungslose aufhalten, um sie auf die Angebote hinzuweisen", sagte Miebach.

Wenn jemand nicht in der Lage ist, dorthin zu kommen, helfe man ihm, sagte eine Polizeisprecherin. Bei extremem Alkoholkonsum kann das warme Plätzchen aber auch schon mal die Ausnüchterungszelle sein.

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