Offener Brief an die NRW-Regierung Bonner Schüler fordern andere Abi-Bedingungen

Bonn · Mit einem offenen Brief fordern Bonner Schüler die NRW-Landesregierung auf, das diesjährige Abitur anzupassen und den Abiturienten mehr Wahlmöglichkeiten zu geben. Das Schulministerium äußert sich zu dem Anliegen.

 Anna Kira Westphalen von der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule hat mit ihrem Jahrgang einen offenen Brief an die NRW-Regierung geschrieben.

Anna Kira Westphalen von der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule hat mit ihrem Jahrgang einen offenen Brief an die NRW-Regierung geschrieben.

Foto: Benjamin Westhoff

Bonner Schüler wollen beim Corona-Abitur mehr mitbestimmen. In einem offenen Brief, den mittlerweile rund 230 Abiturientinnen und Abiturienten von fünf Schulen unterschrieben haben, fordern sie die NRW-Landesregierung auf, zwischen einem Durchschnitts-Abi und schulspezifisch gestellten Prüfungen wählen zu können.

Initiiert hat die Unterschriftenaktion der Abschlussjahrgang der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule. „Wir finden die derzeitige Situation unfair. Es geht um uns, und wir wurden nicht mal gefragt“, sagt die 18-jährige Anna Kira Westphalen, die die Zeilen mit ihrer Mitschülerin Miriam Lemjimer. Sie haben bewusst einen offenen Brief gewählt: Eine Petition müsste erst durch den Landtag. „Das dauert aber zu lange, so viel Zeit haben wir nicht“, sagt sie. Denn bald stehen die Prüfungen an.

Im dreiseitigen Brief formulieren die Schüler die Probleme, die sie seit rund einem Jahr haben. „Unser Arbeitsumfeld hängt stark von der sozialen und finanziellen Situation unserer jeweiligen Erziehungsberechtigten ab“, heißt es. Der Distanzunterricht sei durch technische Pannen geplagt und „kein adäquater Ersatz für Präsenzunterricht“. Jeder Lehrer habe andere Medienkompetenzen, „was einen erheblichen Abfall eines qualitativ hochwertigen Unterrichts“ bedeute. Es gebe aber auch einen „drastischen emotionalen und psychischen Druck“: Neben zusätzlichen Spannungen im schulischen und familiären Bereich belaste die Befürchtung, entstandene Stofflücken nicht aufholen zu können. „Die Situation, in welcher wir die gymnasiale Oberstufe besuchen und unsere Abiturprüfungen ablegen werden, ist nicht vergleichbar mit den Rahmenbedingungen der vorherigen Jahrgänge.“

Sogar Westphal, die sonst in der Schule keine Probleme hatte, macht sich Sorgen – wenn auch nicht darum, das Abitur nicht zu bestehen. „Im allgemeinen Lernprozess fällt es mir schwerer, konzentriert zu bleiben“, meint sie. Viele verunsichere der Druck, dass etwas in den Prüfungen drankommen könne, was im Pandemie-Unterricht gar nicht oder nur kurz behandelt wurde.

Jeder Lehrer konnte den Stoff selbstständig einteilen – weil man aber deutlich langsamer vorankam, blieb für einige Themen nicht genug Zeit. Im Zentralabi würden diese Komplexe dennoch abgefragt. Das Durchschnittsabitur würde sich aus der Durchschnittsnote, basierend auf den in Q1 und Q2 erreichten Punkten, die unter normalen Umständen in die Abiturnote eingegangen wären, ergeben. Beim schulspezifischen Abi können die Schulen die Prüfungen selbst stellen.

Während viele Eltern und Lehrer den Vorstoß der Schüler unterstützen, teilt das NRW-Schulministerium auf GA-Anfrage eine Absage mit: „Die Leitlinie von NRW ist, dass den Schülerinnen und Schülern keine pandemiebedingten Nachteile entstehen dürfen. Dazu gehört auch das Ziel der Landesregierung, den Schülerinnen und Schülern am Ende ihrer Schulzeit vollwertige Abschlüsse auf der Basis von Prüfungen zu ermöglichen, die ohne Abstriche in ganz Deutschland anerkannt werden.“ Würde Nordrhein-Westfalen aus dem Länderkreis ausscheren und leichtere Prüfungen oder gar ein Durchschnittsabitur anbieten, bestünde die Gefahr, dass diese Abschlüsse in anderen Bundesländern nicht anerkannt werden. „Deshalb wird es eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Zentralabitur und dezentralen Abiturprüfungen oder gar einem Durchschnittsabitur nicht geben.“

Wer sich als Schüler an der Unterschriftenaktion beteiligen will, kann sich per E-Mail an anna-kira-westphal@web.de sowie über den Instagram-Kanal „abitur2021nrw“ melden.

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