Aus Liebe zum Kunstmuseum Jura-Professor schenkt Bonn wertvolles Feininger-Gemälde

Bonn · Mehr als zwei Jahrzehnte hing das mutmaßlich letzte Werk von Lyonel Feininger im Kessenicher Wohnzimmer von Marcus Lutter. Jetzt hat der Jura-Professor das Gemälde seiner Wahlheimatstadt Bonn übergeben.

Ein Schätzchen, das man besser mit Samthandschuhen anfasst: Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums, und sein Stellvertreter Volker Adolphs mit dem Werk „Evening Haze“.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

Das städtische Kunstmuseum ist um ein Prachtstück reicher: Der Rechtswissenschaftler Marcus Lutter, ein emeritierter Professor der Bonner Universität, hat dem Haus ein Ölgemälde von Lyonel Feininger aus seinem Privatbesitz geschenkt. Das Werk „Evening Haze“, das der Künstler 1955 ein Jahr vor seinem Tod schuf, soll ab Mai erstmals der Bonner Öffentlichkeit gezeigt werden.

Marcus Lutter, langjähriger Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht, kann sich noch genau erinnern, wie er das Gemälde vor etwa 25 Jahren erstanden hat. „Es war in einer Dortmunder Galerie“, erinnert sich der 89-jährige Kunstliebhaber. „Meiner Frau und mir hat es sofort gefallen, weil es ein so besonders schönes Bild ist.“ Jahrzehntelang hing „Evening Haze“ im Kessenicher Haus der Lutters an der Wohnzimmerwand. „Wir beide haben das Gemälde sehr geliebt und waren uns immer einig, dass wir es eines Tages der Öffentlichkeit zugänglich machen wollten“, so Lutter.

Die Trennung vom Gemälde war schwer

Als seine Frau Rebecca vor fünf Jahren starb, reifte der Entschluss weiter, das 37 mal 61 Zentimeter große Werk irgendwann der Stadt Bonn zu übergeben. Aber noch fiel es dem Rechtsgelehrten schwer, sich von Feiningers Ölgemälde zu trennen.

Als Christoph Schreier, der stellvertretende Direktor des Kunstmuseums, zum Jahreswechsel in den Ruhestand ging, war die richtige Zeit gekommen. Lutter und er kennen sich seit Jahren. Der Jurist war schon kurz nach seiner Berufung an die Bonner Uni im Jahr 1980 dem Förderverein des Städtischen Kunstmuseums, wie es damals noch hieß, beigetreten. Jetzt musste er nicht lange fragen, ob das Museum Interesse an seinem Feininger habe.

Gutachten schätzt Gemälde auf 550.000 Euro

„Es ist eine sehr schöne Arbeit und ein Zeichen der Wertschätzung für unser Haus“, betont Intendant Stephan Berg dankbar. Im 1958 erschienenen Werkverzeichnis des deutsch-amerikanischen Malers und Graphikers Feininger (1871-1956) sei das Bild als das einzige und letzte im Jahr 1955 entstandene Werk aufgeführt, so der Intendant. „Damit ist es ein interessanter Solitär.“

Besonders freue ihn, dass die Schenkung die Bedeutung der eigenen Sammlungen für die Identität des Kunstmuseums unterstreiche. Mit dem Ankaufsetat des Museums sei es „undenkbar“, ein Gemälde wie dieses zu erwerben, das laut einem Gutachten rund 550.000 Euro wert ist. Bergs Jahresetat für Zukäufe beträgt 150.000 Euro. Mit der Vertragsverlängerung des Intendanten genehmigte der Stadtrat ab 2021 eine Erhöhung auf 250.000 Euro jährlich. Ein „Achtungserfolg“, für den sich Berg vor allem bei Oberbürgermeister Ashok Sridharan bedankt, der sich intensiv für dieses Thema eingesetzt habe.

„Evening Haze“ im Kontrast zu August Macke

Für das Kunstmuseum, das seinen Schwerpunkt bei August Macke und den rheinischen Expressionisten hat, ist Feiningers „Evening Haze“ in seiner „kühlen Grundstimmung“ ein „schöner Kontrapunkt“ zu den warmen Farben von „August Mackes Sensualismus“, wie es in einer Beschlussvorlage für den städtischen Finanzausschuss heißt. Die Kommunalpolitiker müssen die Schenkung noch formal annehmen. Mit Dank, versteht sich.

Gezeigt wird das Gemälde wahrscheinlich im Mai, nachdem das Kunstmuseum seine Sammlungen neu gehängt hat. Seinen Platz wird es im Erdgeschoss finden, sagt Intendant Berg. Dort wird es sich auch Marcus Lutter anschauen. „Die Neuhängung ist eine schöne Gelegenheit, das Bild zu zeigen“, findet der kunstsinnige Rechtswissenschafter, der das vom Berliner Architekten Axel Schultes entworfene Kunstmuseum besonders ins Herz geschlossen hat. Das 1992 eröffnete Haus sei eine „geniale bauliche Lösung, ein wunderschönes Gebäude – ein Glücksfall für Bonn“.