Sicherheit in Bonn Mehr Personal für das Bonner Ordnungsamt
Bonn · Die Leitstelle und der Streifendienst des Bonner Ordnungsamtes werden im kommenden Frühjahr deutlich aufgestockt. Die Stadt reagiert damit auf die gestiegenen Beschwerden durch Bürger.
Der Sommer war sehr heiß. Hochkonjunktur hatten aber nicht nur Schwimmbäder, Eisdielen und Biergärten. Auch den Mitarbeitern des städtischen Ordnungsdienstes konnte ob der vielen Nachtschwärmer nicht langweilig werden. Zwar war die Rekordhitze nicht der Anlass dafür, dass der Bonner Stadtrat im Juli eine Aufstockung um insgesamt neun Stellen beschloss. Aus Sicht vieler Bürger dürfte sie gleichwohl einen langgehegten Wunsch erfüllen.
Berechnet man außerdem interne Umschichtungen und bereits in diesem Jahr vollzogene Aufstockungen ein, ergibt sich gar ein Zuwachs um 17 Stellen. Ziel der Offensive ist es, noch später als bisher in der Stadt nach dem Rechten zu sehen und insgesamt mehr Präsenz zu zeigen. Ein Paket, das Verwaltung und Politik Mehrausgaben von 1,23 Millionen Euro jährlich wert ist. Hinzu kommen einmalige Kosten von 60 000 Euro.
Mehr Einsätze: Von 5000 auf 18 000 sei die Zahl der jährlichen Einsätze seit 2005 gestiegen, veranschaulicht Amtsleiter Günter Dick die Steigerung. Und das sind nur jene Fälle, bei denen der Ordnungsdienst von Bürgern angefordert wurde. Die Unterstützung bei Großveranstaltungen oder Abschiebungen kommen obendrauf. Auf die Frage, ob nun die Zahl der objektiv feststellbaren Tatbestände gestiegen sei – oder die Toleranzschwelle der Bonner, überlegt er kurz. „Ich würde sagen, dass beides eine Rolle spielt“, sagt Dick. Das Verhalten der Menschen in der Öffentlichkeit habe sich in den vergangenen Jahren verändert; zugleich aber werde ein bestehendes Angebot wie die Telefonbereitschaft auch dankbar angenommen.
Kooperative Lösung sei das Ziel
„Früher war man in der Nachbarschaft untereinander besser bekannt“, ergänzt Abteilungsleiter Carsten Sperling. „Heute treffen sich auf dem Schulhof im Wohngebiet oft Ortsfremde, die sich übers Telefon verabredet haben und sich unbeobachtet fühlen. Das verstärkt die Verunsicherung.“ Zumeist, sagt Streifendienst-Teamleiter Sascha Zink, handele es sich um Jugendgruppen und junge Erwachsene, also eine Klientel zwischen 15 und 25 Jahren.
„Lärm, Rauchen, Trinken, der Konsum von illegalen Substanzen“, umschreibt Zink das Spektrum der Situationen, denen sich er und seine Kollegen zumeist gegenüber sehen – „oft in Bereichen, die nicht ganz einsehbar sind“. Weil Rauchen und Trinken auf Spielplätzen und Schulhöfen ohnehin verboten ist, gibt es wenig zu diskutieren. Dennoch sei eine kooperative Lösung stets das Ziel. Sind Drogen im Spiel, werde die Polizei hinzu gezogen.
Neuralgische Punkte: „Es gibt Hotspots, an denen es immer wieder zu Konflikten kommt, weil sich dort bestimmte Gruppen regelmäßig aufhalten“, sagt Amtsleiter Günter Dick. Gefragt nach einschlägigen Ecken, nennt er Spielplätze, Schulhöfe, Bolzplätze sowie das Rheinufer in Höhe der Innenstadt und im Beueler Norden. Ein Phänomen übrigens, das sich in den vergangenen Jahren „vervielfacht“ habe. Zugleich habe sich in einigen Teilen des Stadtgebietes ein Unsicherheitsempfinden in der Bevölkerung verfestigt, was den Bedarf an Präsenz erhöht.
Mancher Anruf geht ins Leere
Leitstelle: Nicht etwa im Stadthaus, sondern an der Servatiusstraße 53 mitten in Friesdorf wird das operative Geschäft des Stadtordnungsdienstes gesteuert. In der Leitstelle wird es künftig ein wenig enger werden. Statt der bisherigen fünf werden dort demnächst elf Mitarbeiter arbeiten. Sie nehmen den Hörer ab, wenn Bürger hilfesuchend die 02 28/77 33 33 gewählt haben. Ziel der Aufstockung ist es vor allem, die Leitstelle auch dann besetzt zu haben, wenn der Streifendienst unterwegs ist. Bislang ist dies nur teilweise der Fall. Zu bestimmten Tageszeiten ist indes eine Rufumleitung auf die Mobiltelefone der Kollegen im Außendienst eingerichtet. Die aber können die Anrufe naturgemäß nur annehmen, wenn es die Einsatzlage gerade zulässt.
Mancher Anruf geht somit ins Leere, ohne dass der Bürger im Augenblick seines Problems versteht, warum. Der Personalzuwachs soll die Leitung und Planung der Einsätze verbessern, allerdings auch die Sicherheit der Streifen: „Wir möchten nicht, dass noch abends um elf Uhr Mitarbeiter von uns zu einem Einsatz fahren, den sie selbst mit Mobiltelefon annehmen und niemand weiß, wo sie sind“, sagt Carsten Sperling. Künftig bleiben sie mit der Leitstelle auf Tuchfühlung und können bei Bedarf Verstärkung anfordern. Bürger erreichen die Leitstelle künftig bis ein Uhr nachts.
Streifendienst: „Ist das Ihre Tasche?“ Diese Frage können Passanten nicht nur an Flughäfen und Bahnhöfen zu hören bekommen, sondern auch im Bonner Hofgarten – wie eine wenige Tage alte Szene zeigt. In der Herbstsonne sind die meisten Sitzbänke belegt, und von vielen Pausierenden unbemerkt haben die beiden Angehörigen der Wache Gabi von Polizei und Ordnungsamt die Situation im Blick. Dass Stadt und Polizei Hand in Hand arbeiten, ist in Bonn nichts Ungewöhnliches und passiert nicht nur in der Wache Gabi, sondern auch bei den „Präsenz- und Interventionseinsätzen“, wie sie regelmäßig in Bad Godesberg, in Tannenbusch oder am Rhein erfolgen.
Zunehmende Aggressionen
Zurück in den Hofgarten: Der Rucksack, zwei Meter neben der Bank am Baum lehnend, fällt ihnen sogleich auf. Die Nachfrage an der nächsten Bank schafft Klarheit über Eigentümer und Inhalt – einen stattlichen Dosenbiervorrat, der zumindest für den Nachmittag reichen sollte. Der Hofgarten ist kein Schulhof, Grund zur Beanstandung haben die Ordnungshüter offenbar nicht, und so ziehen sie gemächlich weiter. Davon, dass sie auch auf ganz andere Situationen eingestellt sind, zeugt in diesem Moment lediglich ihre Ausrüstung am Gürtel: Handschellen, Einsatzstock, Pfefferspray.
In Zeiten, da bei eskalierenden Auseinandersetzungen die Messer lockerer sitzen, ist auch die wenig bequeme Schutzweste für die städtischen Mitarbeiter obligatorisch geworden. Dennoch will die Stadt Stärke zeigen und schickt in allen Stadtbezirken mehr Personal auf die Straße: Sieben Stellen sollen allein den Streifendienst verstärken, zuständig für das ganze Stadtgebiet. Entsprechend werden regelmäßige Fußstreifen eingeführt, und in der Regel sind drei Einsatzwagen unterwegs.
Zunehmende Aggressionen gegenüber städtischen Mitarbeitern und Rettungskräften sind bekanntlich auch an Bonn nicht vorübergegangen. Dennoch sieht Beate Griebel aus dem Bereich Verkehrsaufsicht das Thema gelassen: Zwar gebe es immer jemanden, der unzufrieden ist, „besonders, wenn soeben sein Auto abgeschleppt wurde“. Allerdings sagt sie auch: „Wenn man jedoch vernünftig mit den Leuten redet, sehen sie den Fall zu 95 Prozent auch ein.“ Dass jemand mit seinem frisch geschriebenen Knöllchen zu uns auf die Etage kommt und sich lauthals beschwert, komme durchaus hin und wieder vor. „Wenn die Grenzen dabei überschritten werden, erstatten wir auch Anzeige“, sagt Sperling. Ein bis zwei Mal im Monat sei es so weit.