Kommentar Weltkindertag - Es könnte besser gehen

Eigentlich müsste es den Kindern in Deutschland so gut gehen wie bisher keiner jungen Generation. Nie zuvor hatte die Gesellschaft so viel Geld zur Verfügung, das sie zur Förderung der Kinder einsetzen konnte.

Nie zuvor gab es - relativ gesehen - so viele Erwachsene, die sich jedenfalls theoretisch um ein Kind kümmern konnten. Und nie zuvor hatten Kinder eine so gute Perspektive auf einen Ausbildungsplatz und eine Karriere in der Berufswelt, legt man den Rückgang der Geburtenrate in den vergangenen Jahren zugrunde. Zehn Jahre weitergedacht, wird die Wirtschaft vermutlich um die Sechs- bis Neunjährigen von heute buhlen.

Doch Kindern in Deutschland geht es nicht so gut, wie es ihnen gehen könnte. Zum einen ist das Geld so ungleich verteilt, dass die Kinder von Begüterten viele Möglichkeiten für ihr Leben eröffnet bekommen, dass aber Kinder jener Eltern mit weniger Geld einen viel steinigeren Weg zurücklegen müssen, um ähnliche Chancen zu erhalten, dabei aber immer wieder Gefahr laufen, auf der Strecke zu bleiben.

Letzteres hat auch damit zu tun, dass die Mittel des Staates derzeit nicht dazu beitragen, die Kluft zwischen Arm und Reich zu verkleinern, sondern sogar noch zu vergrößern - wie zuletzt der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gezeigt hat.

Zum anderen geht es Kindern in Deutschland nicht so gut, wie es ihnen gehen könnte, weil viel zu viel an ihnen herumgezerrt wird. Stichwort Schule: Wenn schon 13-Jährige eine 45-Stunden-Woche haben, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage zeigt, dann ist das ungesund.

Stichwort Freizeit: Wenn schon Grundschüler wegen Sport, Musikschule oder regelmäßiger Therapien kaum noch einen Nachmittag frei haben, kann das negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Kinder haben. Da fehlt dann oft die für sie so wichtige Zeit zum Spielen und zur Erholung. Vielleicht sollte die Gesellschaft mehr darauf hören, was sich Kinder wirklich wünschen. Manchmal ist es nur: mehr Aufmerksamkeit für ihre großen und kleinen Probleme.

Verglichen mit den Schwierigkeiten in Deutschland sind die Zumutungen, mit denen Kinder in zahlreichen Staaten der Welt konfrontiert werden, natürlich ungleich größer. Dass Hunderttausende von ihnen aus den Familien gerissen, als Arbeitssklaven missbraucht und als Soldaten brutal ausgebeutet werden, das ist immer noch die traurige Wahrheit in vielen Teilen der Welt.

Insofern ist es gut, dass der UN-Sicherheitsrat gestern auf deutsches Bestreben hin eine Resolution zum Schutz von Kindern in Kriegen verabschiedet hat. Damit sind zwar keine neuen Rechte für Kinder verbunden, aber damit, dass in UN-Berichten jene öffentlich genannt und politisch zur Unperson erklärt werden, die gegen Kinderrechte verstoßen, ist schon manches gewonnen.

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