Kölner E-Werk Anschwellender Breitwandsound mit "Mogwai"

KÖLN · Mit der Versicherung, es werde sehr laut werden an diesem Abend, werden am Eingang Ohrstöpsel gereicht. Als die schottische Band Mogwai genau um neun Uhr die Bühne betritt, um ihren ersten Song "Heart About You Last Night" vom neuen Album "Rave Tapes" zu spielen, scheint alles Panikmache.

 Alles so schön rot hier: Mogwai im Kölner Konzert.

Alles so schön rot hier: Mogwai im Kölner Konzert.

Foto: Thomas Brill

Das E-Piano hämmert ohrverträglich einfache Akkorde, die Drums sind hart, ohne das Gehör zu verletzen, die Gitarre von Stuart Braithwaite flirrt auf, aus dem Synthesizer steigen ein paar sphärische Klänge in den Raum. Die Musik schwillt langsam an und gewinnt zunehmend an Komplexität und Sog. Der typische Mogwai-Breitwandsound. Ein ruhiger Abend also.

Auch beim zweiten Stück "Travel" geht es weiter mit dieser Art fein konstruierter Musik, die aus kleinen, sehr einfachen Melodien bewegenden Bombast zu entladen weiß, ohne sich unangenehm glitschig anzufühlen. Als Barry Burns beim dritten Stück ("I'm Jim Morrison, I'm Dead") seine Gitarre durch das Effektgerät schickt, bricht die trügerische Harmonie in einen ohrenbetäubenden Lärm aus, neben dem Neil Young klingt, als würde er unter einer Decke spielen.

Die Fotografen verlassen den Graben, die ersten Reihen halten sich die Ohren zu. Aber gerade in dieser brachialen, nie übersteuerten Lautstärke gewinnen die Stücke aus der fast zwanzigjährigen Bandgeschichte ihre besondere Intensität, die man - selbst auf einer guten Anlage - kaum erleben kann.

Mogwai stammt aus dem Chinesischen und bedeutet so viel wie "böser Geist". Das Konzerterlebnis gleicht einer Geisterbeschwörung, die zwischen dem Leisen und dem unendlich Lauten oszilliert und den Körper in wiegende Schwingungen zu versetzen vermag. Schicht um Schicht baut Mogwai Gitarrenwände auf, die schrecklich schöne, beklemmende und befreiende Musik von der Bühne schleudern.

Als sie beim Stück "Deesh" von neuen Album wieder einmal besonders laut werden, stehen alle vier Gitarristen wie eine Wand am Bühnenrand, untermalt von einer eindrucksvollen Lightshow. Die Glasgower Instrumental-Band ist so introvertiert wie stilsicher und weiß, wo sie sich verbal zurückzuhalten hat. Nur kurze Bemerkungen wie "Danke" oder "Thank you" unterbrechen die besondere Stimmung des Konzerts.

Jedes weitere Wort würde den Zuhörer unangenehm aus der Versenkung reißen. Am Ende geschieht es dann doch: "This is definitely our last song." Wie gut, dass dieser ("Batcat") noch einmal wie eine Katharsis über einen hereinbricht.

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