Verzällchen und Anekdötchen Burkard Sondermeier und Camarata Carnaval in der Bonner Oper

Bonn · Es ist eine kuriose Mischung, die Burkard Sondermeier diesmal zusammengestellt hat: Verkopftes neben Verquerem, Dramentheorie neben Darmendprodukten. Im elften Jahr seiner Veranstaltung "Karneval einmal klassisch" hat der Kölner Sänger und Sprecher die Doppel-Eins ignoriert und der Doppel-Null den Vortritt bei der Benennung des aktuellen Opus gelassen.

Ein Programm zwischen der Welt des Häuschens und der Welt aus dem Häuschen, das Sondermeier mit seiner Camarata Carnaval in der mit vielen leeren Plätzen aufwartenden Bonner Oper präsentierte. Auch unmittelbar vor Rosenmontag galt es, hellwach zu sein - und vor allem Schiller und Offenbach gut zu kennen.

Ersterer spielte in Johann Nepomuk Nestroys "Der Zettelträger Papp" eine so maßgebliche Rolle, dass der Text, den Sondermeier mit sichtlichem Vergnügen vorlas, ohne ein zumindest grundlegendes Wissen über "Don Karlos", "Wallenstein" und "Die Jungfrau von Orleans" nur bedingt zu verstehen war. Und letzterer war als Schöpfer des Operettenstaats, von der aus Sondermeier über die Bananenrepublik eine thematische Reise zur Klüngelstadt unternimmt, für das Programm unabdingbar.

Sofern es nicht um gewisse andere Hinterlassenschaften ging: So sang der Baas mit Verve das "Leedche vum Kacke" oder trug begeistert eine Passage aus Molieres "Der eingebildete Kranke" vor, in der es neben Lungenleiden vor allem um Darmspülungen ging. Ja, auch Ausscheidungen haben ihren Platz. Und den sollte man kennen. Sonst wäre der Oper Köln vielleicht nicht als Ausweichquartier der Musical Dome zugewiesen worden, direkt an der Goldgasse. Dort, wo früher die Grubenleerer saßen und aus Scheiße Gold machten.

Daneben kramte Sondermeier weitere literarische und musikalische Kostbarkeiten aus seinem enormen Fundus: Mozarts Orgelwalzenfantasie etwa, oder eine weitgehend unbekannte Sinfonie des ebenfalls weitgehend unbekannten Carl Ditters von Dittersdorf. Und zu alles und jedem hatte Sondermeier etwas zu berichten, hatte Anekdötchen und Verzällchen im Gepäck. Vor allem von musikalischer Seite wäre mehr schön gewesen, bewies die Camarata Carnaval doch immer wieder ihre Qualitäten.

So zeigte etwa Pianist Igor Kirillov in einem verspielten Solo seine Virtuosität, während Flötistin Laia Bobi Frutos bei dem leider von Verzällchen unterbrochenen "Carnaval de Venise" von Paul-Agricole Génin sogar eine Meisterleistung ablieferte. Großer Applaus.

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