Oper in Bonn Jacquelyn Wagner spielt die "Giovanna d'Arco"

BONN · Nein, zum kanonischen Opern-Repertoire gehört Verdis "Giovanna d'Arco" wahrlich nicht. Zu sehr haben Kritiker schon bei der Uraufführung 1845 das an Schillers "Die Jungfrau von Orléans" orientierte, allerdings eher an ein rudimentäres Kammerspiel erinnernde Libretto verrissen, und auch das überschwängliche Lob für die Musik konnte nicht verhindern, dass dieses Werk bislang nur sehr wenig Beachtung auf deutschen Bühnen fand.

 Jacquelyn Wagner bei der Probe zu "Giovanna d'Arco".

Jacquelyn Wagner bei der Probe zu "Giovanna d'Arco".

Foto: Beu

Das will die Bonner Oper nun ändern, will die gewaltigen Chöre und die ausladenden Solo-Passagen erklingen lassen, um so einem der Frühwerke Verdis eine neue Bewertung zuteil werden zu lassen. Völlig zu recht, wie Jacquelyn Wagner findet. Die junge Amerikanerin wird bei der Premiere die Titelrolle übernehmen und freut sich schon sehr auf diesen Auftritt.

"Giovanna ist schon eine tolle Figur", sagt sie im Interview. "Eigentlich ein ganz einfaches Bauernmädchen, aber so ungeheuer fokussiert und mit einer starken Beziehung zu Gott. Ich kann sie gut verstehen."

Dabei bietet Verdis Oper auch eine andere Interpretationsmöglichkeit. Giovanna hört Stimmen, ihr Vater gilt vor allem im ersten Akt als geistig gestört und wütet später gegen seine Tochter, ja das ganze französische Volk verwandelt sich gegen Ende in einen fanatischen, von allen guten Geistern verlassenen Mob: Wahnsinn und Fanatismus allerorten. Oder einfach eine Frage des Glaubens. "Ich denke nicht, dass sie verrückt war", sagt Wagner, die sich auch intensiv mit der historisch verbürgten Jeanne d'Arc auseinandergesetzt hat.

"Sonst wären ihr wahrscheinlich auch nicht all diese Männer bedingungslos in die Schlacht gefolgt." Andererseits sei es gerade diese Balance zwischen Religiosität und scheinbarem Irrsinn, die die Rolle vor allem in emotionaler Hinsicht äußerst faszinierend werden lasse.

Eine Vorbestimmung scheint es auch in Jacquelyn Wagners Leben gegeben zu haben. "Schon sehr früh hat meine Mutter erkannt, dass ich eine besondere Begabung für den klassischen Gesang habe", erinnert sich die Sopranistin. "Mein Vater war Hornist im Detroit Symphony Orchestra und kannte darüber eine Gesangslehrerin. Mit ihr habe ich gearbeitet - und sie war großartig. Für mich war dann schnell klar, dass ich unbedingt an die Oper wollte."

Was Wagner auch gelang. Mehr noch: Sie gilt als Shooting Star, wurde etwa zu Beginn der Saison 2012/13 in Suor Angelica an der Oper Köln bejubelt oder als die Protagonistin in Arabella an der Oper von Minneapolis. Auch in dieser Spielzeit ist die inzwischen in Berlin beheimatete Sängerin viel unterwegs, teilt sich daher auch die Rolle der Giovanna mit ihrer Kollegin Anna Princeva. Ein bisschen schade ist das schon: "Ich finde Bonn sehr schön", sagt Wagner. "Und das Team ist klasse: das Ensemble, Will Humburg als musikalischer Leiter, fettFilm mit ihren Video-Installationen."

Info

Premiere von "Giovanna d'Arco" ist am Sonntag 26. Oktober, 18 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen

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