Umweltinstitut: E-Fahrzeuge dienen Autoindustrie nur als Feigenblatt Elektroautos so schädlich wie andere Pkw auch

HEIDELBERG/BERLIN · Elektroautos weisen eine weitaus schlechtere Energiebilanz auf als bisher angenommen. "Sie verursachen als einzelnes Fahrzeug ungefähr gleich hohe CO2-Emissionen wie normale Benzin- oder Diesel-Pkw", heißt es in einer Studie des Heidelberger Umwelt- und Prognose-Instituts (UPI), die dieser Zeitung vorliegt.

Die Fahrzeuge selbst produzieren zwar keine Treibhausgase. Doch diese entstehen in erheblichen Umfang bei der Produktion des Fahrstromes. Da die Erzeugung von Ökostrom derzeit lediglich den Ausfall der Kernkraft ausgleichen kann, wird die zusätzlich benötigte Energie für die E-Mobile durch herkömmliche Kraftwerke produziert.

Die Forscher sehen darüber hinaus noch eine ganze Reihe nachteiliger Entwicklungen, die mit der Einführung der Elektrofahrzeuge verbunden sind. Kritisch sehen die Experten vor allem die CO2-Regeln der EU. Die so genannte Flottengrenzwertregelung schreibt eine Absenkung des durchschnittlichen Ausstosses an CO2 von 130 Gramm pro Kilometer auf nur noch 95 Gramm im Jahr 2020 vor. Dabei dürfen die Hersteller Elektroautos als "Null-Emissions-Fahrzeuge" in ihre Flottenrechnung einbeziehen, obwohl sie bei der Herstellung und dem Stromverbrauch Treibhausgas produzieren. So kann die Industrie den Flottenverbrauch rechnerisch senken und gleichzeitig weiter schwere Spritfresser auf den Markt bringen. Die erwünschte Verminderung wird durch diese Ausgleichsmöglichkeiten "fast vollständig ausgehebelt", heißt es in der Studie.

Für die Autoindustrie lohnt sich die Einführung der Elektroautos durch die EU-Gesetze, wie UPI anhand der Verkaufszahlen des vergangenen Jahres vorrechnet. Danach wurden in Deutschland 50 000 Geländewagen und Sport Utility Vehicles (SUV), aber nur 2000 E-Mobile verkauft. Die Hersteller müssten für die Überschreitung der CO2-Grenzwerte durch die schweren Fahrzeuge 60 Millionen Euro Strafe zahlen. Aber sie erhalten auch eine Gutschrift von 44 Millionen Euro für die Elektroautos. Für jedes Exemplar macht das eine Ersparnis von 22 000 Euro aus. Zugleich ist der CO2-Ausstoß durch die SUV um 130 000 Tonnen gestiegen.

Skeptisch sehen die Forscher auch den Trend, dass Elektroautos von privaten Haushalten als Zweit- oder Drittwagen angeschafft werden. Dadurch erhöhe sich die Zahl der Fahrzeuge weiter. "Dies verschärft den Ressourcen- und Flächenverbrauch des Straßenverkehrs und das Stellplatzproblem in den Städten", befürchtet das Institut. Bei einer größeren Verbreitung der E-Mobile erwartet das UPI sogar eine neuerliche Verkehrsverlagerung von den öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Straße, da die Betriebskosten der Elektroautos niedrig sind und die Besitzer nicht, zum Beispiel über die Mineralölsteuer, an den Infrastrukturkosten beteiligt werden.

Schließlich bemängeln die Wissenschaftler ein steigendes Unfallrisiko durch die E-Mobile. Dabei beruft sich UPI auf Studien aus den USA über die ebenfalls geräuschlos fahrenden Hybridfahrzeuge. Danach steigt das Unfallrisiko für Fußgänger um 53 Prozent, für Radfahrer um mehr als 70 Prozent, weil die Autos kaum zu hören sind - technisch ist dieses Problem allerdings leicht lösbar, indem ein Fahrgeräusch künstlich erzeugt wird. Eine Vorschrift dazu gibt es in Deutschland nicht.

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