Königswinter kann auf ein Jobcenter hoffen

180 Seiten aus Nürnberg können die Verwaltung nicht schrecken - Standort sollen die Räume der Tourismus Siebengebirge GmbH werden - Stadt ist Träger aller Ein-Euro-Jobs

  Aktenordnerweise  haben sich die Angestellten der Königswinterer Sozialverwaltung bis jetzt noch mit Hartz IV zu beschäftigen.

Aktenordnerweise haben sich die Angestellten der Königswinterer Sozialverwaltung bis jetzt noch mit Hartz IV zu beschäftigen.

Foto: Homann

Königswinter. Ende Januar bekam die Stadt Königswinter Post aus Nürnberg. Weder Lebkuchen noch das berühmte Eierlein waren in dem großen Umschlag, sondern 180 Seiten der Bundesagentur für Arbeit mit einer präzisen Beschreibung der räumlichen Ausstattung eines Jobcenters. Bis Freitag ist die Verwaltung aufgefordert, ein entsprechendes Angebot abzugeben.

Königswinter hatte sich bei der Agentur als Standort für die spätestens zum 1. Juli 2005 von der Agentur und dem Rhein-Sieg-Kreis zu gründende Arbeitsgemeinschaft (ARGE) beworben ( der GA berichtete).

"Auch Papier aus Nürnberg ist geduldig. Die 180 Seiten sind für mich kein Evangelium", sagte Bürgermeister Peter Wirtz bei der Ratssitzung am Dienstagabend in Oberpleis. Dort gab die Verwaltung durch ihren obersten Beamten und Holger Jung, den Leiter der Haupt-, Personal- und Rechtsverwaltung, einen mündlichen Bericht zur Einrichtung der Geschäftsstelle im Zuge der Umsetzung von Hartz IV.

Bereits im November und damit als eine der ersten Kommunen hatte Königswinter in Person des Bürgermeisters den Hut in den Ring geworfen und Vorschläge unterbreitet, wie die Strukturen der bislang der Agentur für Arbeit unterstehenden Geschäftsstelle im Oberdollendorfer Mühlenbruch in ein neues Jobcenter einfließen könnten. Die Geschäftsstelle beschäftigt bisher 22 Mitarbeiter und ist zusätzlich für Bad Honnef zuständig.

Bisher haben sich die Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg und der Rhein-Sieg-Kreis noch nicht auf Zahl und Standorte der künftigen Jobcenter einigen können. Diese müssen spätestens am 1. Juli 2005, wenn die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) ihre Arbeit aufnehmen soll, zur Verfügung stehen.

Laut einer Verwaltungsvorlage für die gemeinsame Sitzung des Haupt- und Sozialausschusses am kommenden Dienstag (17 Uhr, Rathaus Oberpleis) habe die Agentur für Arbeit zuletzt ein Modell vorgestellt, welches sechs Standorte für Jobcenter im Rhein-Sieg-Kreis vorsieht. Das bestätigte auch Holger Jung bei der Ratssitzung. Er ist ziemlich zuversichtlich, dass Königswinter dazu gehören wird. "Wir haben nicht ganz schlechte Chancen, aber unterschrieben ist noch nichts", so der Jurist.

Das Jobcenter soll im ehemaligen Fraktionsgebäude und im derzeitigen Domizil der Tourismus Siebengebirge GmbH, die demnächst von der Drachenfelsstraße ins neue Besucherzentrum umzieht, untergebracht werden.

Wirtz geht davon aus, dass keine großen Kosten auf die Stadt zukommen werden. "Ziel ist es, das Jobcenter möglichst kostenneutral einzurichten. Aber wir sind sicherlich auch bereit, den einen oder anderen kleineren Betrag zu bezahlen", meinte der Bürgermeister. Auf der anderen Seite möchte man schließlich ein möglichst ortsnahes Angebot für die Bürger schaffen. "Wir wollen nicht, dass die Leute künftig nach Eitorf fahren müssen."

Kein großes Vertrauen hat der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Franz-Joachim Thür in die Arbeit der Agentur für Arbeit. "Ich kenne die Behörde sei 30 Jahren. Sie wird es nie lernen, unbürokratisch ihre Aufgaben zu erledigen. Die große Reform könnte an dieser Behörde scheitern", ließ der Sozialdemokrat kein gutes Haar an den Nürnbergern.

Durch eine erhebliche Anzahl von Neuanträgen im November und Dezember wurde in Königswinter zum 1. Januar 2005 in rund 300 Fällen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bewilligt. Für diese Bezieher von Arbeitslosengeld II, Arbeitslose und zusätzlich erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, sind die Jobcenter künftig zuständig.

Neu ist auch eine Vereinbarung, nach der die Stadt künftig Träger aller "Ein-Euro-Jobs" sein wird. Damit sind auch die Arbeitsgelegenheiten bei Dritten, wie zum Beispiel beim Roten Kreuz, von der Stadt zu betreuen. Es wurde eine Trägerfinanzierung bei bis zu 30 Arbeitsstunden pro Woche von monatlich bis zu 500 Euro für unter 25-Jährige und bis zu 300 Euro für über 25-Jährige vereinbart.

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