Twitterprojekt an der Christophorusschule Schüler aus Königswinter arbeiten RAF-Terror auf

KÖNIGSWINTER · Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer 1977 ist Thema eines ungewöhnlichen Projekts, das ab Dienstag über Twitter und den Hashtag #Herbst_77 mitverfolgt werden kann.

Es ist der 5. September 1977, vor genau 40 Jahren: Gegen 17.30 Uhr stoppen vier Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) das Auto des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer auf dem Weg zu seiner Dienstwohnung in Köln. Schleyers Chauffeur Heinz Marcisz und die drei Leibwächter Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieler werden sofort erschossen, Schleyer selbst wird entführt. Seine Leiche wird zwei Wochen später im Elsaß gefunden.

Es ist der Tag, der das wohl blutigste Kapitel in der deutschen Nachkriegsgeschichte einläutete: den „Terror-Herbst 1977“. Binnen kurzer Zeit starben Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Bankier Jürgen Ponto, Schleyer und der Pilot der von palästinensischen RAF-Sympathisanten gekidnappten Lufthansa-Maschine „Landshut“, Jürgen Schumann.

Per Hashtag in eine andere Zeit

Acht Oberstufenschüler des Gymnasiums der Jugenddorf-Christophorusschule (CJD) haben das traurige „Jubiläum“ zum Anlass für ein Twitterprojekt genommen. Von Dienstag an kann man unter dem Hashtag #Herbst_77 auf Twitter die Geschehnisse von damals verfolgen – brandaktuell wie ein Live-Ticker, aber eben um 40 Jahre zeitversetzt.

Insgesamt 91 Tweets haben Moritz, Lena, Johannes und ihre Mitstreiter verfasst. „Es war ganz schön schwierig, das gesamte Thema in so kurzen Texten zusammenzufassen“, sagt Lena. Maximal 140 Zeichen durfte ein Tweet lang sein. Besonders wichtig war es den Verfassern auch, Uhrzeiten möglichst genau einzuhalten. Gemeinsam mit Geschichtslehrerin Beate Fiebig-Thiele hatten sich die jungen Leute bereits in der letzten Woche vor den Sommerferien ausgiebig mit der RAF auseinandergesetzt, Dokumentationen angeschaut, im Internet und in der Bücherei recherchiert.

Zeitzeugen im Gespräch

Besonders beeindruckend war dabei ein Treffen mit dem Zeitzeugen Bernd Rodewald. Sein Bruder Fritz war es, der 1972 Ulrike Meinhoff und Gerhard Müller in seiner Wohnung übernachten ließ und – nicht wissend, wem er da genau Unterschlupf gewährte – die Polizei verständigte, was zur Verhaftung der beiden RAF-Köpfe führte. „Ihm war klar, dass er in etwas Schreckliches verwickelt war und dass sein Leben fortan nicht mehr so sein würde wie vorher“, sagt Rodewald, der die Autobiografie seines Bruders nach dessen Tod veröffentlicht hat.

In einem Vortrag berichtete er am Montag den Schülern in der CJD-Aula über die Entstehung der RAF bis zum Herbst 1977. Die Mitglieder des Twitter-Projekts hoffen, dass ihre Tweets viele Leser finden. Lehrerin Fiebig-Thiele jedenfalls ist beeindruckt von dem, was die Schüler auf die Beine gestellt haben: „Ich glaube, sie haben die Möglichkeit, sich mit einem Thema ganz intensiv auseinandersetzen zu können, richtig genossen.“

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