Buchtipp Geschichte(n) aus dem Rheinland

Rheinland · Gefährliche Strudel in lokalen Gewässern, brutale Morde und kuriose Museumsreliquien: Das neu erschienene Buch der Rheinland-Reporter Inga Sprünken und Julia Lindemann präsentiert 46 Kurzgeschichten, die „Geschichte(n) aus dem Rheinland“.

Das Buch „Geschichte(n) aus dem Rheinland“ hält, was der Titel verspricht: Ein narrativer, teils historischer Überblick spannender Ereignisse und Einzelgeschichten aus der Region.

Das Buch „Geschichte(n) aus dem Rheinland“ hält, was der Titel verspricht: Ein narrativer, teils historischer Überblick spannender Ereignisse und Einzelgeschichten aus der Region.

Foto: Simun Sustic

Das Rheinland reicht von der niederländischen Grenze bis ins nördliche Rheinland-Pfalz oder bis in die Schweiz. Je nach dem, ob man eine kulturelle oder geografische Perspektive einnimmt. Ersterem Gebiet haben sich die Rheinland-Reporter Inga Sprünken und Julia Lindemann narrativ und historisch genähert, und zwar in ihrem jetzt erschienen Buch „Geschichte(n) aus dem Rheinland“. In 46 Kurzerzählungen präsentieren sie den Lesern Kurioses, Dramatisches und Wissenswertes über die Gegend zwischen Düsseldorf, Westerwald, Eifel und Rhein-Sieg-Kreis, teils auch mit persönlichem Bezug.

Dabei reiht sich Rheinlandromantik an Seltsames bis Schockierendes. Gleich los geht es beispielsweise mit einem brutalen Fall im Much der beginnenden 70er Jahre. In einer klirrend kalten Januarnacht wurde dort ein 18-jähriges Opfer gleich zweier Verbrechen: Drei Räuber überfielen den Autofahrer in Köln, um mit dessen Fahrzeug anschließend nach Hause zu fahren. Offenbar reichte den Tätern nicht, den jungen Mann zu überfallen.

Tragische Geschichte eines jüdischen Liebespaars

In der besagten Gemeinde angekommen, zwangen sie das Opfer, das Gefährt zu verlassen, und sich im Schnee bis auf die Unterhose zu entkleiden. Danach fixierten sie es an einem Baum, bevor sie den Mann zurückließen. Die tragische Geschichte ist auch damit noch nicht an ihr Ende gelangt. Es ist nicht das einzige berührende Schicksal, das in dem Buch erzählt wird. Berichtet wird von einem jungen verliebten Paar, dem im NS-Deutschland ihre teilweise jüdische Abstammung zum traurigen Verhängnis wurde und im Doppelsuizid mündete.

Doch auch allerhand Kurioses mit Lokalbezug findet sich in dem knapp 200 Seiten umfassenden Werk. Da ist etwa ein Klosterschüler aus Troisdorf, der nach seinem Verschwinden im Jahr 1287 geschändet und ermordet worden sein soll. Sein Blut, so erzählt man sich, soll angeblich Teil einer rituellen Verhöhnung von Jesus Christus gewesen sein. Die Antwort auf die mutmaßliche Gräueltat fiel nicht weniger blutrünstig aus:

Zwischen 18 und 25 Juden sollen infolgedessen am 4. September desselben Jahres ermordet worden sein, wobei diese Zahl nicht zu Angaben über damals in der Vogtei Siegburg lebenden Juden passt. Bei der Überführung des Leichnams des jungen Troisdorfers soll dessen Hand unter der Abdeckung auf dem Karren hervorgefallen sein und in eine Richtung gedeutet haben, in die die unruhigen Zugpferde losgaloppierten.

Toter sucht Bestattungsort selbst aus

Der Tote hat sich seine letzte Ruhestätte demnach selbst ausgesucht. Die Hand wurde dem Leichnam daraufhin entfernt. Die Autorinnen erzählen, wie diese danach noch mehrfach ihren Standort wechselte. Eine kleine Auswahl weiterer Themen der Geschichtensammlung: Die Ähnlichkeit der Rodenkirchener Brücke zur Golden Gate Bridge, der Sog gefährlicher Vertiefungen in heimischen Gewässern und die Tiefbaufertigkeiten des Kircheiber Dachses.

Das Buch endet mit drei Kurzgeschichten, die biografische Anklänge der Autorinnen enthalten. So lässt Sprünken etwa die Gründung der ARD und den Einzug des Fernsehens in deutsche Haushalte mit der eigenen Familiengeschichte zusammenfließen. Der Vater war nämlich selbst Elektrowarenhändler und verkaufte die Röhrenapparate in Düsseldorf, bis es ihn ins ferne Much verschlug. Dort, wo Sprünken bis heute lebt und die Geschichten aus dem Rheinland erzählt.

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