Jugendzentrum CVJM Der "Zefim" als zweites Zuhause

SIEGBURG · Den CVJM bringt man mit dem Jugendzentrum in Siegburg, vor allem aber mit Texel in Verbindung. Denn dorthin fahren seit 50 Jahren Kinder und Jugendliche ins Zeltlager.

 Annostraße 14 in Siegburg: Gerd Reusch vor dem ehemaligen CVJM.

Annostraße 14 in Siegburg: Gerd Reusch vor dem ehemaligen CVJM.

Foto: Paul Kieras

Die Teilnehmer der ersten Freizeit 1964 sind heute teilweise schon Großeltern und bringen ihre Enkel zum Bus, der den Bauernhof "Hoeve Bloemwijk" auf der holländischen Insel ansteuert. Während in diesem Jahr vor Ort das 50-Jährige gefeiert wird, besteht das Jugendzentrum des CVJM schon seit Jahren nicht mehr.

Vor allem in den 60er und 70er Jahren war das "Zefim" ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche in Siegburg - und damit ist es auch Thema beim GA-Zeitzeugengespräch am Mittwoch, 21. Mai, im Stadtmuseum. Dort geht es um die Siegburger Jugendszene während dieser Zeit.

Der Aufschwung des CVJM (Christlicher Verein junger Männer, später Christlicher Verein Junger Menschen) begann um 1968. Die Jugend begehrte auf, Hippiebewegung und Studentenproteste führten dazu, dass junge Menschen sich emanzipierten, selbstbewusster wurden und ihre eigene Kultur schufen. Lange Haare und der legendäre Parka waren äußeres Zeichen einer inneren Einstellung. Die Musik der Beatles und Rolling Stones löste die "Erwachsenenmusik" ab, in Deutschland formierten sich Beatbands wie die Lords und die Rattles.

Jugendarbeit wurde bis dahin von den Kirchen betrieben. Die Evangelische Kirche Siegburg unterhielt eine christlich ausgerichtete "Jungschararbeit" zunächst ausschließlich für Jungen. Fast revolutionär war die Aufnahme spezieller "Mädchenarbeit", für die man eigens eine Betreuerin einstellte.

Der damalige Jugendleiter Karl-Josef "Kalle" Bund führte 1964 die erste Ferienfreizeit auf Texel durch. Er kam ins Gespräch mit den Teilnehmern, die über die Fahrten hinaus Räumlichkeiten forderten, in denen sie sich das ganze Jahr über treffen und ihre Freizeit verbringen konnten. Die Kirche besaß solche Räume im Gemeindehaus an der Annostraße 14, wollte diese aber nur der eigenen Jugend zur Verfügung stellen.

Kalle Bunds Verständnis von christlicher Arbeit war es aber, sich für alle zu öffnen, auf die Menschen zuzugehen und sie in das Haus einzuladen. In zähen Verhandlungen konnte er sich letztlich durchsetzen. Kellerräume, die bis dahin der Jungschar vorbehalten waren, standen nun auch nicht kirchlich gebundenen Jugendlichen offen. So entstand bereits in den 60er Jahren eine Offene Tür (OT) in Siegburg.

"Es gab einen Kickertisch, die Besucher brachten Plattenspieler und ihre Musik mit, hatten jetzt eine Anlaufstelle gefunden", erinnert sich Gerd Reusch (61), der als Zivildienstleistender zum "Zefim" fand und später über lange Jahre die OT leitete. Die Idee, eine Diskothek einzurichten, wurde in Eigenregie umgesetzt.

In dieser Zeit entstanden überall in Deutschland Jugendzentren, für die Zuschüsse beantragt werden konnten. Gelder waren für die "TOT" (Teil-offene-Tür) und die GOT (Ganz offene Tür) vorgesehen. Bund gründete daher 1969 die "T 14". "T" für Tür und "14" für die Hausnummer des Gebäudes. Schnell stieg die Zahl der Besucher, die zur Disco kamen, an Kicker- und Tischtennisturnieren teilnahmen und sich an zahllosen Diskussionsrunden beteiligten.

Letztere dauerten manchmal nächtelang, denn die Jugend hatte laut Reusch einiges zu sagen. "Stets gab es einen Bezug zum christlichen Glauben", betont er. Bei aller Öffnung nach außen habe sich das über die gesamte Zeit wie ein roter Faden durch die Arbeit mit den Jugendlichen gezogen. Bis zu den frühen 70er Jahren war der CVJM eine TOT, ab da GOT, gleichzeitig das erste Jugendzentrum im Rhein-Sieg-Kreis.

Damals gab es allerdings auch Probleme. Viele Jugendliche kamen mit Drogen in Kontakt, was dem Leiter der GOT nicht verborgen blieb. Kalle Bund sah Handlungsbedarf und war Initiator der ersten Drogenberatungsstelle in Siegburg.

In seiner Blütezeit erlebte der "Zefim" einen nie erahnten Zulauf. Konzerte von Größen wie Scorpions, Golden Earing, Klaus Doldingers Passport oder des amerikanischen Blues-Musikers Champion Jack Dupree mussten zum Teil in die Aula des Neuenhofs oder in die der Realschule Menden verlegt werden, weil der Saal an der Annostraße nicht ausreichte.

Die Erwachsenen beäugten das Geschehen im Jugendzentrum von Anfang an skeptisch, nicht nur wegen der Drogenprobleme, aufgrund derer sogar überlegt wurde, die Jugendarbeit einzustellen. Der CVJM ziehe die Süchtigen erst an, glaubte man. Bund erreichte einmal ein empörter Brief aus der Nachbarschaft, in dem auf "zwielichtige Typen" hingewiesen wurde, die im Haus verkehrten. "Einige nennen sich sogar Panzerknacker", hieß es in dem Schreiben. Hinter denen verbarg sich eine Band mit diesem Namen, die weit über die Region hinaus hohes Ansehen genoss.

Mit Abberufung Kalle Bunds durch die Kirche, die zurück zu den Wurzeln und einer konfessionell geprägten Jugendarbeit wollte, war auch die Hochzeit des CVJM beendet. Später zog der Verein in das ehemalige Polizeigebäude an der Wilhelmstraße. Als dieses dann für ein Ärztehaus abgerissen wurde, erfolgte noch einmal ein Umzug in die Bachstraße. Heute besteht der "Zefim" nur noch aus einer Halle, in der das Equipment für die Ferienfreizeiten gelagert wird.

Das GA-Zeitzeugengespräch am 21. Mai

Um die Siegburger Jugendszene der 60er und 70er Jahre geht es am Mittwoch, 21. Mai, beim Zeitzeugengespräch des General-Anzeigers im Stadtmuseum am Markt. Mit dabei: Gernot Sträßer, Kurt-Werner Viedebantt, Harald Becker und Gerd Reusch. Im Anschluss an die Talkrunde erinnert die Band "Neat Bix" mit Beat-Klassikern musikalisch an die 60er. Das Zeitzeugengespräch beginnt um 19 Uhr (Einlass 18.30 Uhr), der Eintritt ist frei. Aus organisatorischen Gründen wird um Anmeldung gebeten: siegburg@ga.de oder ab Montag, 10 Uhr, unter der Nummer 02241/12012 00.

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