Verwechslung der Grabseite führt zu Schock bei Beerdigung

Kindersarg weggebaggert - Rentner verklagt Stadt Bonn

Bonn. Hans B. kann immer noch nicht über die Sache reden, ohne dass ihn der Schmerz überwältigt. Vor der 1. Zivilkammer des Landgerichts schildert der 78-jährige Rentner, welchen Schock er und seine Kinder bei der Beerdigung seiner Frau im vergangenen Sommer erlitten: In der Grube waren Reste des Kindersarges zu sehen, in dem neun Jahre zuvor sein Enkel beigesetzt worden war und 15 Jahre lang ungestört liegen sollte.

Doch städtische Arbeiter hatten für die Beisetzung der Frau die falsche Seite des Doppelgrabes ausgehoben. Noch heute, so der Rentner vor Gericht, werde die Familie nicht damit fertig, dass das Baby einfach verschwunden ist und damit auch der Ort zum Trauern. Der 78-Jährige hat die Stadt Bonn auf 4 000 Euro Schmerzensgeld verklagt - und muss nun erfahren, dass seelische Qualen allein kein Schmerzensgeld rechtfertigen.

Nur wenn sie zu körperlichen Beeinträchtigungen führen, so erklärt Kammervorsitzender Heinz Sonnenberger dem fassungslosen Rentner, bestehe nach deutschem Recht ein Anspruch. Aber das sind laut Sonnenberger längst nicht alle rechtlichen Probleme dieses "Trauerfalles". Ungeklärt sei die entscheidende Frage: Wer hat auf dem Beerdigungsantrag die falsche Grabseite eingekreist und ist dafür verantwortlich, dass der Kindersarg weggebaggert wurde? War es der Rentner selbst, der Bestatter oder die Stadt?

Dem Rentner zufolge kennt nur die Stadt die Grabnummern - und habe sich ohnehin schon zu ihrem Fehler bekannt mit den Worten: "Tut uns leid, wir haben nicht in die Akten gesehen." Die Vertreterin der Stadt und ihr Anwalt aber halten dem Rentner vor: Er habe auf kein Entgegenkommen reagiert, nun sei die Stadt zu nichts mehr bereit.

Der Rentner aber war damals auch empört darüber, dass die Stadt ihm nach der schockierenden Beerdigung seiner Frau die Gebührenrechnung über 4 000 Euro und schließlich sogar den Gerichtsvollzieher schickte, als er die volle Zahlung verweigerte. Später erließ die Stadt ihm eine Restforderung von 680 Euro. Und mehr, so der Anwalt der Stadt, sei auch nicht drin.

Die Kammer schafft es dann doch, die Parteien einander etwas näher zu bringen: Auch wenn die Klage des Rentners keine Aussicht auf Erfolg habe, so sei es doch angesichts des Kummers des Rentners und seiner Familie eine Geste der Anerkennung, wenn die Stadt freiwillig 300 Euro zahle. "Schweren Herzens" willigt der Rentner ein. Die Stadt will sich das nun überlegen. (AZ: LG Bonn 1 O 420/05)

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