Vom Aushilfskellner zur Lindenstraßen-Figur

Im Duisdorfer Malteser-Krankenhaus plauderte Bill Mockridge mit von Rita Ohlert aus dem Nähkästchen

Vom Aushilfskellner zur Lindenstraßen-Figur
Foto: Heinz Engels

Duisdorf.. Lässig schlendert Bill Mockridge in den Senderaum. Die Gitarre geschultert, Turnschuhe, karierte Weste, zerschlissene Arbeitshose. Sieht so Herr Schiller aus? Als die etwas zwielichtige Figur aus der Kultserie "Lindenstraße" käme er im grauen Zweireiher und beglückte "Radio City"-Chefin Rita Ohlert mit einem Blumenstrauß. Stattdessen kommt er mit viel Charme daher - schon ist die halbe Stunde Verspätung vergessen, alle strahlen.

Rita Ohlert vom "Volldampf-Sender" im Malteser-Krankenhaus hatte den Schauspieler zum Plausch geladen, und so sitzt der gebürtige Kanadier und Wahl-Endenicher an diesem sperrigen Tisch, das Mikro vor der Nase, und wirbt für den Verein "Sterntaler", dessen Schirmherr er ist. Die Aktion für bedürftige Kinder ist Mockridge eine Herzensangelegenheit, was nicht wundert: Er hat sechs Söhne zwischen drei und 16 Jahren. "Ich bin ein absoluter Familienmensch", sagt er. Ein Fulltime-Job, er würde ihn nicht tauschen wollen: Morgens bringt er die Buben in den Kindergarten oder in die Schule, holt sie später ab. Ihr Heranwachsen fordert ihn täglich. Eine Netzwerkparty? "Was ist das", fragte Mockridge seinen Sohn, "eine Haarnetzparty?"

Humor, Bärenstatur, verschmitzte Augen - Mockridge ist ein Gemütsmensch ohne jene Allüren. Aufgewachsen in der Nähe eines Rotlichtviertels in Toronto habe er eines immer gewusst: dass er Schauspieler werden würde. Ein Stipendium ermöglichte ihm Ende der 60er-Jahre Engagements in Deutschland, zunächst in Ulm. In Heidelberg probierte er linke Ideologien aus, verwarf sie, hielt sich als Kellner und Handelsvertreter über Wasser, und zog 1980 nach Endenich, wo er es bis zum Senator der Karnevalsgesellschaft Narrenzunft gebracht hat.

Im kargen Senderaum erzeugt Rita Ohlert Vertrautheit und Wärme. Mockridge stimmt auf seiner Gitarre eine Hymne auf das Älterwerden und seine Frau an. Er singt gern, seit 16 Jahren, und seine sanfte Stimme hat was. Zwischen den Stücken spricht der gläubige Christ über Gott und die Welt - und über die Lindenstraße, in die er vor zehn Jahren einzog. Er sei nicht so sicher, wo die Serie hinsteuere, jetzt im Jubiläumsjahr. Er wisse aber, dass Schluss sein müsse mit den Stereotypen, mit den "Drogendealern aus Afrika und den endlosen lesbischen Geschichten". Da müssten mehr Themen für Jugendliche in den Mittelpunkt. Mit seinem alter Ego Schiller kann sich Mockridge gut identifizieren. "Ich bin eher spießig als Avantgarde, aber inzwischen rutscht die Figur in eine seltsame Ecke, was mich unsicher macht. Obwohl ich oft den sonnigen Typ spiele, bin ich eher introvertiert." Das Stuio-Rotlicht geht an. "Jeder braucht ein bisschen Glück" plätschert es aus den Boxen, die Patienten im Krankenhaus lauschen: Rita Ohlert am Mikro. Die Lindenstraße beschäftige ja so viele Menschen, sagt sie. Mockridges Herz aber schlägt für das Endenicher Theater. "Mein Leben ist die Springmaus, sie lässt mich jubeln und weinen - die Lindenstraße ist ein Riesenspaß, mehr nicht."

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