Exkursion nach Verdun „Fahrt hin und seht es Euch an!“

Rheinbach · Erich Scharrenbroich hat sich auf die spannende Spurensuche seiner Familie begeben und erschütterndes entdeckt. Die Versöhnungsarbeit ist ihm eine Herzensangelegenheit.

 Exkusion der VHS Rheinbach auf das Schlachtfeld von Verdun. Hier am EIngang des Forts Douaumont; Peter Baus (Hinten Mitte mit grüner Jacke)

Exkusion der VHS Rheinbach auf das Schlachtfeld von Verdun. Hier am EIngang des Forts Douaumont; Peter Baus (Hinten Mitte mit grüner Jacke)

Foto: Axel Vogel

Der Rheinbacher Unternehmer Erich Scharrenbroich, Jahrgang 1953, hatte zu allem Militärischen immer ein gespanntes Verhältnis: „Hüte dich vor allem, was Uniform trägt“, habe ihm bereits sein Großvater mit auf den Weg gegeben. Scharrenbroich, der lange Ratsherr in Rheinbach war, wusste zwar: Der eindringliche Appell hatte mit Erlebnissen aus dem Ersten Weltkrieg zu tun.

Doch Details hatte sein Großvater nie preisgegeben. „Das versteht ihr nicht“, habe die Familie stets zu hören bekommen. Als Scharrenbroich eine alte Kiste mit Bildern und Briefen in die Hände fiel, erschloss sich ihm Stück für Stück ein völlig unbekanntes und erschütterndes Kapitel der Familiengeschichte. Dabei kam heraus: „Der Großvater war im Ersten Weltkrieg nicht Essensträger gewesen, wie immer behauptet, sondern war Schütze an einem Maschinengewehr 08/15.“

Nach dem Studium der Kiste konnte Scharrenbroich die Einsilbigkeit des Großvaters verstehen: „Mein Gott, wie muss der Mann seelisch gelitten haben!“ Bewegt von seinen Recherchen wollte der Enkel mehr wissen. Vom Vater erfuhr er die ganze Tragödie: Zwei Brüder des Großvaters waren im Krieg gefallen. Wieder machte sich Scharrenbroich ans Recherchieren, besuchte Archive und sah Regimentsbücher ein.

Bald hatte er Gewissheit: Karl Scharrenbroich, 28 Jahre alt, war am 4. September 1916, nicht weit entfernt vom Fort Douaumont nahe des Forts Vaux gefallen. Bereits ein Jahr zuvor starb sein Bruder Wilhelm Scharrenbroich mit 31 Jahren, am 10. Oktober 1915 in der Champagne. Sein erster Gedanke, als er das erfuhr: die Gräber von Karl und Wilhelm Scharrenbroich suchen. Und so fuhr er auf das einstige Schlachtfeld nach Verdun, fand aber trotz intensiver Suche nichts. Erst recht keine Ruhe: „Ich wollte einen Ort zum Trauern und habe daher Pater Ludwig, der bereits die Skulptur an der Pallotti-Kapelle entworfen hatte, gefragt, ob er mir zu diesem Anlass ebenfalls eine Skulptur anfertigen würde“, so Scharrenbroich weiter. „Der Entwurf war in einer Nacht fertig.“ Es fehlte aber noch ein würdiger Ort zum Aufstellen.

Nach positiven Gesprächen mit französischen Offiziellen in Verdun und dank der Unterstützung von Bürgermeister Stefan Raetz, seinem Freund Peter Baus und vielen anderen, gelang Scharrenbroich etwas Erfüllendes: Am 13. Mai 2013 durfte er die Skulptur im Fort Douaumont der Festung Verdun aufstellen. Die Stadt Rheinbach wurde Partner des Projekts „Abschied – Les Adieux“. Für ihn war die Zeremonie ein sehr bewegender Augenblick an „Frankreichs heiligstem Ort“.

Die eindringliche Botschaft, die von der Skulptur und dem einstigen Schlachtfeld ausgeht, „nämlich nie wieder Krieg“, möchte er allen näher bringen. Darum rät Scharrenbroich, der für seine Versöhnungsarbeit mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, gerade jungen Menschen: „Fahrt hin und seht es Euch an! Da kann jeder sehen, wohin Hass, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus führen.“

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