Das Seepferdchen als Ziel Im Friesi lernen Kinder das Schwimmen

Friesdorf · Im Freibad Friesi bringt Sylvia Janicke Kindern das Schwimmen bei. „Da viele Bäder in Deutschland schließen, züchten wir eine Nichtschwimmer Generation heran“, kritisiert sie. Eltern rät sie, Geduld zu haben.

 Kursleiterin Sylvia Janicke gibt dem sieben Jahre alten Emile Schwimmunterricht.

Kursleiterin Sylvia Janicke gibt dem sieben Jahre alten Emile Schwimmunterricht.

Foto: Niklas Schröder

Der Wind ist es etwas frisch im Friesdorfer Freibad. Im Nichtschwimmerbecken pausieren einige Kinder bibbernd am Beckenrand. Andere ziehen lachend durch das stehtiefe Wasser. Trainer sind zur Stelle und leisten Hilfestellungen. Rund zehn Tage Schwimmtraining haben die Sechs- bis 13-Jährigen nun hinter sich. Viele sind zum ersten Mal in ihrem Leben geschwommen, so wie Ibrahim (8), der anfänglich von den Trainern durch das Wasser gezogen wurde. Jetzt schafft der Schüler ein paar Meter ohne Hilfe. Bis daraus ganze Bahnen werden, muss er noch viel üben. „Der Kurs macht Spaß und ist sportlich“, erzählt Ibrahim.

David (10) ruht sich am Beckenrand aus. Wie alle anderen Kinder, hat er in dem Schwimmkurs gute Fortschritte gemacht. „Ich schaffe es jetzt, Bahnen zu schwimmen“, sagt der Schüler mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Das sei ihm zuvor in anderen Schwimmkursen noch nicht gelungen. Beatrice (7) musste anfänglich ein paar Tage üben, bevor sie alleine durch das Wasser schwimmen konnte. Nun zieht die Schülerin kreuz und quer durch das Becken. „Das macht großen Spaß, weil ich es jetzt kann.“ Sie möchte bald ihr Seepferdchen machen.

Dem Wasser vertrauen

„Schwimmen lernen kann ich erst, wenn ich mich an das Wasser gewöhnt habe“, erklärt Kursleiterin Sylvia Janicke (66), die seit Jahrzehnten Schwimmtraining gibt. Ihre Kurse seien unter den Schülern beliebt und entsprechend ausgebucht, heißt es. Janicke, die jedes Kind beim Namen kennt, gibt Anweisung und führt die Kommandos am Becken. Unterstützt wird die Bonnerin von vier weiteren Trainern und einer Assistentin. Wichtig sei, so Janicke, dem Wasser zu vertrauen und es zu akzeptieren. „Erst dann können wir mit der Übung von einzelnen Bewegungen anfangen.“ Übungen, wie den Kopf unter Wasser halten oder im Wasser paddeln, seien gute erste Schritte. „Alles muss druckfrei und spielerisch erfolgen – mit einer gewissen Konsequenz“, so die Trainerin. Viele Kinder hätten anfänglich Angst vor Wasser, da seien erzwungene Übungen kontraproduktiv. „Wir arbeiten mit viel Motivation und schauen darauf, was die Kinder gut machen, um sie damit aufzubauen.“ Damit nehme man Anfängern „spielerisch“ die Angst.

Je nach Alter sei die Konzentrationsfähigkeit bei Kindern ein wichtiger Faktor. „Die Jüngsten – also bis sechs Jahren – sind meist 20 Minuten aufnahmefähig, dann brauchen die eine Pause“, erklärt Janicke. Die DLRG-Trainerin rät Eltern, mit ihren Kindern beim Schwimmenlernen geduldig zu sein. „Ohne Schwimmerfahrung nach zehn Tagen das Seepferdchen zu bekommen, ist utopisch“, betont sie. Generell seien Anforderungen für die Schwimmabzeichen gestiegen.

„Arme nach vorne, Lange abstoßen und liegen bleiben – du kannst das“, motiviert Janicke nun eine Schülerin. Vor ihr zieht das Mädchen mit einem Schwimmbrett durch das Wasser. „Sie gewöhnen sich mit dem Brett an die sogenannte Wasserlage, damit der Oberkörper ruhig wird.“ Ein wichtiger Schritt, damit der Beinschlag gelingen kann. „Der Beinschlag ist der Motor für das Schwimmen, ohne den geht es nicht“, sagt Janicke. Im nächsten Schritt klemmen sich Schüler bunte Schwimmnudeln unter die Oberkörper, um den Armzug langsam aufzubauen. „Mit den Schwimmhilfen können sich die Kinder auf die Bewegungen konzentrieren und ihre Koordination üben.“ Sind die ersten Hürden erstmal genommen, geht es für die Anfänger in das tiefe Becken. Hier zieht derweil Julian (12) seine Bahnen. Der Schüler trainiert im Schwimmkurs für sein Bronze Abzeichen. Dafür muss er unter anderen 15 Minuten Schwimmen und dabei 200 Meter schwimmend zurücklegen. „Obwohl ich im letzten Jahr kaum im Wasser war, habe ich schnell wieder in die Bewegungen reingefunden“, sagt Julian. Die Trainer seien sehr nett und er fühle sich sehr sicher, so der Schüler.

„Wir merken, dass die Kinder lange nicht mehr im Wasser waren. Wir müssen immer wieder neu anfangen, weil die Kontinuität gestört ist“, sagt Janicke. Dennoch seien alle Kinder sehr motiviert. Die Leiterin ist froh, dass die Kurse in den Sommerferien angeboten werden konnten. „Die Hallenbäder sind derzeit alle geschlossen und das ist eine Katastrophe für uns“, mahnt sie. Die Nachfrage sei eben groß – mehr als man Plätze anbieten könne.

Zu wenig Bäder

„Da viele Bäder in Deutschland schließen, züchten wir eine Nichtschwimmer Generation heran“, kritisiert Janicke. In Bonn etwa, habe man mehr marode als vernünftige Bäder. „Besonders die Behindertenausbildung kommt Corona Zeiten zu kurz“, beobachtet die Trainerin. „Die Schwimmlehrer berichten, dass die Kinder im letzten Jahr viel verlernt haben, weil sie kaum Gelegenheit hatten das Gelernte zu üben“, schildert Holger Stolan, der die Schwimmkurse im „Friesi“ zusammen mit Raimund Hoffmann organisiert. Demzufolge gebe es Kinder, die das „Seepferdchen“ geschafft hatten und jetzt plötzlich Angst vorm Wasser hätten. „Insgesamt haben viele Kinder an Kondition und Koordination eingebüßt“, so das langjährige Vereinsmitglied der Freibad-Freunde Friesdorf.

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