Führung mit Meteorologe Karsten Brandt Der Rhein und das Hochwasser

BONN · Während das Hochwasser an Elbe und Donau die Menschen seit Wochen in Atem hält und Schäden in Milliardenhöhe verursachte, zeigt sich der Rhein mit einem Pegel von unter fünf Metern zurzeit von seiner sanften Seite. Dass er auch anders kann, hat er bei den Jahrhunderthochwassern 1993 und 1995 bewiesen.

 Wie es zu Hochwasser in Bonn kommt, erklärt Meteorologe Karsten Brandt (rechts).

Wie es zu Hochwasser in Bonn kommt, erklärt Meteorologe Karsten Brandt (rechts).

Foto: Barbara Frommann

Bei einer Führung entlang des Rheins erklärte Klimatologe Karsten Brandt, welche Besonderheiten für Hochwasser in Bonn eine Rolle spielen, und wann Deutschlands wasserreichster Fluss über die Ufer tritt.

"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen", soll schon der Physiker Niels Bohr gesagt haben. Dass ein Klimatologe bei einer Führung zum Thema Hochwasser auch nach dem Wetter für die kommenden Tage gefragt wird, darüber durfte sich Karsten Brandt dennoch nicht wundern und verteidigte den Ruf seiner Zunft: "Das Unfaire ist, dass falsche Prognosen bei den Menschen eher hängen bleiben als richtige. Wir haben daher oft einen eher undankbaren Job." Dass ausgerechnet diese Prognosen aber für Vorhersagen zum Hochwasser in Bonn eine wichtige Rolle spielen, erklärte Brandt später ebenfalls.

In Bonn reichen die Daten über historische Hochwasser bis in das Jahr 1700 zurück. Das wohl verheerendste nachgewiesene Hochwasser datieren Forscher auf das Jahr 1784, als das Rheinwasser selbst im Bonner Münster stand. Bei einem Pegelstand von bis zu 14 Metern hatte der Rhein damals für Schrecken unter Bonns Bürgern gesorgt. "Das waren grauenhafte, schlimme Tage, in denen man sich der Natur völlig ausgesetzt sah", so Brandt. Die Betroffenen hätten damals zugesehen, wie das Wasser in ihren Häusern die Etagen empor stieg.

Gemessen wird der Wasserstand des Rheins in einem Pegelhäuschen gegenüber der Bonner Oper. Mittels korrespondierender Röhren wird in einer Art Brunnen der Rheinpegel bestimmt. Das funktioniert heute vollautomatisch und elektronisch. Wichtiger für Wetterforscher sei aber die Abflussmenge des Flusses, erklärte Brandt.

Die sei für Forscher aussagekräftiger, auch weil sich der Pegel des Rheins über die Jahre verändert habe. Bis zu 11.000 Kubikmeter, sprich elf Millionen Liter Wasser strömen bei Hochwasser pro Sekunde durch das Flussbett. Zum Vergleich: Bei Niedrigwasser sind es nur 600 bis 700 Kubikmeter.

Anders als häufig angenommen spielt für den Rhein die Schneeschmelze aber kaum eine Rolle. In den vergangenen hundert Jahren seien bis auf das Eishochwasser von 1956 alle 32 Hochwasser durch Regen verursacht worden, so Brandt. Für Regenhochwasser in Bonn seien zwei Bedingungen verantwortlich:

Eine Westwindwetterlage mit viel Regen in Eifel und Hunsrück gemeinsam mit viel Wasser aus dem Oberrhein und seinen Nebenflüssen sei dafür Voraussetzung. Mit so gut wie jedem Hochwasser in Bonn sei daher in der Zeit von November bis März zu rechnen. "Für uns Meteorologen und Klimatologen bedeutet das, dass wir Hochwasser umso besser vorhersagen können, je besser wir die Wetterlage kennen", erklärte Brandt.

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